Kolumne: Die Ökonomin Braucht Europa eine Kerzenverordnung?

Die EU-Kommission will die Höhe der Kerzenflamme vorschreiben. Hat sie nichts Wichtigeres zu tun, fragen viele. Dabei bekommen Bürger die Bürokratie, die sie verdienen.

Für Europa-Skeptiker war es Wasser auf die Mühlen, als Brüssel jüngst seine Kerzenverordnung vorlegte. Darin regelt die EU-Kommission, dass Hersteller Kerzen künftig mit einem standsicheren Behälter ausliefern oder die Verbraucher warnen müssen und dass die chemische Zusammensetzung so sein muss, dass die Flamme nur eine bestimmte Höhe erreicht. Regelungswahn einer Behörde, die voll überbezahlter Beamte ist, welche ihre Existenzberechtigung nachweisen müssen? So wie sie es auch taten, als sie den Krümmungswinkel für Gurken festlegten? Und damit ein Beispiel für "Die Bürokratie" sind, deren innere Triebkräfte der Liberale Ludwig von Mises (1881-1973) in seinem gleichnamigen Klassiker beschrieben hat?

Gemach. Firmen und Verbraucher bekommen die Behörden, die sie verdienen. Oder wie von Mises sagen würde: Wer den starken Staat will, darf sich über die damit notwendig auf den Plan tretende Bürokratie nicht beklagen. Alle fordern eine Vereinfachung des Steuersystems. Doch wenn es darum geht, Einzelfall-Regelungen zu streichen, will keiner seine Extras hergeben - egal ob es um Kerosin, Agrardiesel, Arbeitszimmer oder Entfernungspauschale geht.

Auch die Idee zur Kerzenrichtlinie stammt (wie die Gurken-Vorschrift) nicht aus Brüssel, sondern geht auf Forderungen der europäischen Hersteller zurück. Sie wollen sich damit Konkurrenten aus Asien vom Leib halten, die mit minderwertigen Billigkerzen den Markt überschwemmen. Staatliche Standards dienen eben auch als wirksame Marktzugangs-Beschränkung. Wenn sie dafür sorgen, dass das eine oder andere Zimmer weniger abfackelt, kann es den Verbrauchern nur recht sein.

Grundsätzlich gilt: Mit Blick auf Verbraucher ist die EU-Kommission besser als ihr Ruf. Ohne sie würden Roaming-Gebühren für Handy-Telefonate nicht fallen, müsste der deutsche Stromkunde noch mehr für Ökostrom zahlen und der Steuerzahler noch mehr Landesbanken retten. Ob die Kommission zu viele gut bezahlte Mitarbeiter hat, ist dabei eine ganz andere Frage.

Fragen? Schreiben Sie der Autorin unter kolumne@rheinische-post.de.

(RP)
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