Kolumne: Die Ökonomin Ausnahme für Flüchtlinge beim Mindestlohn?
Dem Markt ist die Arbeitsstunde eines Geringqualifizierten keine 8,50 Euro wert. Auch für Flüchtlinge ohne Ausbildung soll es keine Lockerung geben. Das ist wenig sozial.
Schon zehn Monate nach Einführung kommt der Mindestlohn an seine Grenzen. Und es sind die Flüchtlinge, die der großen Koalition zeigen, wie wenig ihr vermeintlich großer Wurf auf dem Arbeitsmarkt taugt.
Wir erinnern uns: Nach langem Zank hatte die Koalition zum 1. Januar 2015 den Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde eingeführt. Schon damals hatten Forscher gewarnt, dass dies Jobs kosten wird. Denn wenn ein Betrieb 8,50 Euro pro Stunde zahlen muss, wird er nur solche Mitarbeiter einstellen, deren Produktivität entsprechend hoch ist. Der Mindestlohn, der als soziale Großtat daherkam, ist in Wirklichkeit unsozial, weil er ausgerechnet Geringqualifizierten schadet.
Seit Einführung des Mindestlohns sind bereits 160.000 Minijobs weggefallen, so das Kieler Institut für Weltwirtschaft. Diese Jobs sind wohl kaum in Hochlohn-Stellen, sondern eher in Schwarzarbeit umgewandelt, wenn nicht ganz abgeschafft worden. Nun setzt der Mindestlohn den Flüchtlingen zu. Da - anders als manche TV-Bilder suggerieren - nicht nur Ärzte und Ingenieure nach Deutschland kommen, sondern auch Ungelernte, muss der Staat etwas tun, um auch ihnen eine Chance am deutschen Arbeitsmarkt zu geben.
Doch der naheliegende Vorschlag, für Flüchtlinge Ausnahmen vom Mindestlohn zu schaffen, hat einen Aufschrei ausgelöst: Angriff auf den sozialen Frieden, ruft der CDU-Arbeitnehmerflügel. Damit spielt man Arme aus Deutschland gegen Arme aus Syrien aus, meint SPD-Parteichef Gabriel. Auch die Kanzlerin ist dagegen, um neuen Streit in der Koalition zu verhindern. Die Gewerkschaft IG BCE schlägt vor, den Mindestlohn zu erhalten, aber Arbeitgebern, die geringqualifizierte Flüchtlinge einstellen, Zuschüsse zu zahlen. 8,50 Euro Lohn für den Flüchtling, aber nur sechs Euro Kosten für den Arbeitgeber? Das wird teuer, lädt Betriebe zum Missbrauch ein - und zeigt, warum der Mindestlohn grundsätzlich falsch ist. Höchste Zeit, ihn wieder zu kassieren.
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