Kolumne: Die Ökonomin 25 Jahre Maastricht und kein bisschen weise

Die Schulden-Kriterien wurden zum Papiertiger. Italien ist das größte Sorgenkind. Morgen entscheidet sich, ob die Euro-Krise zurückkehrt.

Nächstes Jahr feiern die Europäer 25 Jahre Maastricht-Vertrag. Am 7. Februar 1992 unterzeichneten die EU-Länder im niederländischen Städtchen den Vertrag, dessen Herzstück die Schaffung einer Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion war. Jedes Schulkind lernte damals, dass in den Club nur aufgenommen wird, wer seine Gesamtschulden unter 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) hält und sein Haushaltsdefizit unter drei Prozent.

Eine ökonomische Begründung für diese Werte gab es nicht. Ob schon 50 Prozent zu viel sind oder erst 80 Prozent, ist bis heute ungeklärt. Die EU ging pragmatisch vor: Sie addierte einfach die Staatsschulden der beteiligten Länder und setzte sie ins Verhältnis zum gemeinsamen BIP. Daraus ergaben sich 60 Prozent. Bei einem nominalen Wachstum von fünf Prozent folgt daraus eine maximale Neuverschuldung von drei Prozent. Doch es half nichts. Nachdem Deutschland und Frankreich die Latte ungestraft gerissen hatten, fühlten sich auch kleinere Länder nicht mehr an die Maastricht-Kriterien gebunden.

Und so gibt es heute keinen Grund zum Feiern. Griechenland wird seit sechs Jahren mit Milliarden-Hilfe im Euro gehalten. Italien ist als drittgrößtes EU-Land und mit einer Verschuldungsquote von 132 Prozent inzwischen das größte Sorgenkind.

Am Sonntag stimmen die Italiener über die Verfassungsreform ab. Jagen sie ihren Ministerpräsidenten beim "Renzirendum" aus dem Amt, kehrt die Euro-Krise mit Wucht zurück. Die Risikoprämien der italienischen Staatsanleihen werden nach oben schnellen. Banken, die auf Milliarden fauler Kredite sitzen, werden Staatshilfe beantragen. Selbst wenn die Italiener mit "si" stimmen, bleiben die grundlegenden Probleme: Ein Wachstum von minus 0,5 Prozent im Schnitt der vergangen zehn Jahre und eine Arbeitslosenquote von zwölf Prozent zeigen, dass Arbeitsrecht und Industrie nicht wettbewerbsfähig sind. EZB-Chef Mario Draghi kann Griechenland retten (und sei es durch Schuldenerlass). Italien aber ist selbst für den Italiener eine Nummer zu groß.

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(RP)
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