Kolumne: Der Ökonom Trumps Wirtschaftspolitik zielt auf den Augenblick

Die Steuerreform des amerikanischen Präsidenten holt die Konzerne zurück in die Vereinigten Staaten - auf Kosten der dortigen Steuerzahler.

 Unser Autor Martin Kessler.

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Foto: Kessler

Die Chefs großer Konzerne biedern sich gern denen an, die Macht haben, egal, wie skrupellos diese sind. So verziehen sie nicht die Miene über Menschenrechtsverletzungen in Russland oder China, sehen über autoritäre Entwicklungen in der Türkei oder Vernichtungsfantasien im Iran hinweg. US-Präsident Donald Trump, der jetzt in Davos die Friedensschalmeien erklingen lässt, ist zwar aus rechtsstaatlich einwandfreien und demokratischen Wahlen hervorgegangen und respektiert bislang die Verfassung. Aber ansonsten ist er nicht gerade der Garant von Freihandel und fairen Wettbewerbsregeln. Warum ihn prominente europäische Unternehmenschefs so hofieren, obwohl seine Zoll- und Steuerpolitik sie so sehr benachteiligt, bleibt ihr Geheimnis.

Immerhin scheint es, dass die radikale Absenkung der Steuertarife die US-Wirtschaft beflügelt. Derzeit wächst sie mit rund drei Prozent, und für 2018 und 2019 sind die Prognosen kaum schlechter. Der Dow-Jones-Index der wichtigsten Börsenwerte erreicht fast täglich neue Höchstwerte, nur der Verfall des Dollars will dazu nicht ganz passen. Bewundern die Konzernchefs insgeheim Trumps rigide und rücksichtslose Wirtschaftspolitik?

Tatsächlich begünstigt die Steuerreform die in den USA beheimateten Unternehmen. Manche wie Apple, die sich bislang recht erfolgreich vor Steuerzahlungen in Europa drückten, kehren begeistert in die Vereinigten Staaten zurück. Schon werden Rufe laut, auch hierzulande kräftig die Unternehmensteuern zu senken, um das Kapital im Lande zu halten.

Allerdings übersehen solche Stimmen die Kehrseite von Trumps Wirtschaftspolitik. Alle Experten gehen davon aus, dass selbst die hohen Wachstumsraten ein gigantisches Defizit in Zukunft nicht verhindern können. So ging auch Reagans Steuerreform aus. Hinterher musste sein Nachfolger Bill Clinton die Steuerschraube wieder anziehen. Zugleich entlastet Trump die Unternehmen und ihre Eigner auf Kosten der Steuerzahler. Denn die Konzerne profitieren von der amerikanischen Infrastruktur, der Rechtssicherheit und dem Bildungssystem. Das könnte durch Trumps Steuergeschenke im Mitleidenschaft gezogen werden. Seine unilaterale Politik ist jedenfalls keine Blaupause für Europa. Wir sollten bei unserem bisher erfolgreichen Weg bleiben.

Fragen? Schreiben Sie dem Autor unter kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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