Kolumne: Der Ökonom Spanien könnte wieder zum Problemfall werden

Unter der Regierung der Konservativen hat sich Spanien aus der Krise herausgearbeitet. Doch das Modell ist gefährdet. Es droht ein Rückfall in die unselige Vergangenheit.

Kolumne: Der Ökonom: Spanien könnte wieder zum Problemfall werden
Foto: Phil Ninh

Um ein Haar hätte Spanien dem Euro den Garaus bereitet. Die iberischen Banken standen vor der Pleite, das Land selbst war nach Jahren sozialistischer Misswirtschaft hoch verschuldet. Die Eurostaaten bewahrten mit ihrer Garantie das Land vor dem Zusammenbruch. Mit einer Mischung aus Strukturreformen und soliden Staatsfinanzen führte der konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy sein Land aus der Krise. Pünktlich zum morgigen Wahltermin glänzt der Merkel-Vertraute mit einem Wachstum von rund drei Prozent, einem der höchsten Zuwächse im Euro-Raum, und einer Million zusätzlicher Arbeitsplätze in nur zwei Jahren. Rajoy ist der Schröder Spaniens.

Das Land hat gute Chancen, die Krise zu überwinden, und mit Vorzeigefirmen wie dem Modekonzern Zara, dem Autozulieferer Gestamp, dem Telefonanbieter Telefónica oder dem Bauriesen ACS erfolgreich im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Spanien könnte mit einer aggressiven Erneuerungspolitik sogar den alten Rivalen Italien überrunden und das wirtschaftlich erfolgreichste Land des gebeutelten Süden Europas werden.

Doch am Sonntag könnte Rajoy alles verspielen. Die Spanier haben in ihrer überwiegenden Mehrzahl nicht das Gefühl, am Wachstum teilzuhaben. Deshalb ist die linke Protestbewegung Podemos ("Wir schaffen es") so stark geworden. Rajoy hat sein Vorbild Ludwig Erhard nicht ganz verinnerlicht. Der forderte "Wohlstand für alle". Dieses Ziel hat der Spanier bislang verfehlt.

Makroökonomisch hat Rajoy vieles richtig gemacht. Doch auf der Mikro-Ebene steht noch fast alles aus: eine gute Berufsausbildung, eine Bildungs- und Hochschulreform, eine durchdachte Digitalisierungsstrategie, gute Rahmenbedingungen für kleine Unternehmen und eine effektive Besteuerung hoher Einkommen. Eine linke Koalition aus Sozialisten und Podemos dürfte alle Erfolge verspielen. Daran ist dann auch Rajoy schuld.

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(RP)
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