Kolumne: Der Ökonom Verführerischer Rechtsanspruch

Düsseldorf · Die Politik verspricht Rechtsansprüche auf Kita-Betreuung, Ganztagsschulen, Teilzeitarbeit oder Rückkehr in die Vollzeit - meist zu Lasten anderer Wirtschaftsakteure.

 Unser Autor Martin Kessler.

Unser Autor Martin Kessler.

Foto: Kessler

In der Politik sind Rechtsansprüche auf soziale Wohltaten derzeit groß in Mode. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles tüftelte jahrelang an einem Gesetzentwurf, der den Rechtsanspruch auf Vollzeit nach einer Teilzeittätigkeit festschreiben sollte. Schon lange gibt es den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für alle Ein- bis Sechsjährigen. Und in den Jamaika-Verhandlungen waren sich die Parteien zumindest darin einig, den Rechtsanspruch auf die Ganztagsbetreuung für Grundschüler einzuführen.

Ein Rechtsanspruch ist gut, wenn derjenige, der ihn gewährt, auch für die Finanzierung und Bereitstellung aufkommt. Das ist aber meistens nicht der Fall. Schon der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz, verbindlich zugesagt von der Bundespolitik, stellte Länder und Kommunen vor fast unlösbare Aufgaben. Sie bekamen nur eine unzureichende Finanzierung des Bundes, konnten aber angesichts der Popularität des Themas kaum ungestraft Nein sagen zu den Vorgaben.

Ähnlich verhält es sich mit der Ganztagsbetreuung. Der Rechtsanspruch ist schnell von einer künftigen Regierung ins Gesetz geschrieben, die Zeche zahlen müssten aber wieder die finanziell ausgebluteten Kommunen. Der Ruhm, diesen Rechtsanspruch durchgesetzt zu haben, maßen sich aber die Bundespolitiker an.

Vollends absurd wird es, wenn Unternehmen zu Trägern der Sozialpolitik werden. Die verbriefte Rückkehr auf einen Vollzeitplatz nach einer temporären Teilzeitbeschäftigung ist zwar grundsätzlich wünschenswert. Aber wenn der Staat das will, soll er dafür die Unternehmen entlohnen. Einfach die Betriebe zu belasten, ist eine einfache Übung. Manch einem Mittelständler bringt sie jedoch den Ruin. Das Gleiche gilt für Pflegeurlaub, Familienzeit und andere Dinge. Es ist gut, wenn sich die Unternehmen darüber Gedanken machen. Schließlich ist derzeit die Zahl der Fachkräfte äußerst knapp. Und Betriebe müssen für Arbeitnehmer attraktiv werden. Staatlicher Zwang jedoch ist fehl am Platz.

Fragen? Schreiben Sie dem Autor unter kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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