Kolumne: Der Ökonom Kohls und Mitterrands Versagen beim Euro

Die europäische Währungsunion hatte einen Geburtsfehler. Die Macher des Euro verzichteten auf ein Ausstiegsszenario. Typisch für Politiker, fatal für die Währungsunion.

Politikern wird gern verkürztes Denken vorgeworfen. Im Kern läuft dieser Vorwurf darauf hinaus, dass sie den kurzfristigen Erfolg einer Maßnahme deutlich stärker gewichten als die langfristigen Effekte. Vor allem vergessen sie ständig, dass der Marktaustritt eine wichtige Funktion hat. So glauben Politiker etwa bei Regulierungen im Miet- oder Arbeitsmarkt, dass alle Anbieter ewig auf dem selben Markt tätig bleiben, egal wie teuer der Kündigungsschutz oder die Mietpreisbremse ausfällt.

Ganz ähnlich sind die Europäer - allen voran Kanzler Helmut Kohl und Frankreichs Präsident François Mitterrand - bei der Errichtung der europäischen Währungsunion vorgegangen. Wie die Schweizer Eidgenossenschaft haben die Staaten einen ewigen Euro-Bund geschlossen. Ein Austritt oder Ausschluss war nicht vorgesehen. Was in jedem Verein detailliert geregelt ist, kommt beim größten währungspolitischen Zusammenschluss nicht vor. Ein sträfliches Unterlassen.

Zugleich unterhöhlte die Währungsunion die Verantwortlichkeit im System. Bei einer nationalen Währung zahlt eine finanziell unsolide Regierung mit dem Verfall des eigenen Geldes. Das erkennen die Menschen und wählen eine solche Regierung ab. Im Euro gilt dieser Zusammenhang nicht mehr. Wenn ein kleines Land wie Griechenland sich nicht an die Verschuldungsregeln hält, bekommt es höchstens einen blauen Brief. Der Euro als Währung wird davon zunächst nicht berührt. Kein Wunder, dass Geldverschwender sich davon nur wenig beeindruckt zeigen, zumal sie auch gern ihre Bilanzen frisieren. Kommt es zum Crash, machen solche Regierungen auswärtige Gründe verantwortlich. Drängen dann die Gläubiger, können die Schuldner sogar die Proteste der Bevölkerung für ihre Zwecke einspannen. Fürchten müssen sie nichts, denn einen Ausschlussmechanismus gibt es nicht. Die Folge sind Krisen wie Griechenland und eine nachhaltige Schädigung des Rufs der Einheitswährung.

Fragen? Schreiben Sie dem Autor unter kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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