Kolumne: Der Ökonom Investitionen sind unwichtig für Wachstum

Die Politik hat staatliche Investitionen als Wundermittel gegen die Wachstumsschwäche entdeckt. So wichtig sie sind: Mit Wachstum haben sie wenig zu tun.

Die Wachstumsschwäche der deutschen Wirtschaft hat die Politik überrascht. Seit die Prognosen deutlich geringeres Wachstum vorhersagen, ist fast Panik unter den Politikern der großen Koalition ausgebrochen. Aber die gleichen Politiker haben schon ein Wundermittel gegen die Wachstumsschwäche entdeckt: mehr staatliche Investitionen.

Solche Investitionen sind tatsächlich wichtig für eine Wirtschaft. Gute Straßen, funktionierende Bahnverbindungen, eine exzellente Gesundheitsversorgung oder ein hervorragendes Bildungssystem heben den Lebensstandard der Bürger. Nur mit Wachstum haben sie wenig zu tun. Denn staatliche Ausgaben für diese Bereiche haben bestenfalls kurzfristig Effekt auf die Konjunktur. Sie wirken wie Steuererleichterungen, höhere Renten oder bessere Arbeitslosenunterstützung als Stütze für die Nachfrage. Wenn der Staat die Ausgaben wieder reduziert, dämpfen sie die Konjunktur.

Für langfristig höhere Wachstumsraten sind sie völlig ungeeignet. Nach den Lehren der Wachstumstheorie bestimmt allein die Zunahme der Bevölkerung oder des technischen Fortschritts die langfristigen Steigerungsraten der Wirtschaft. Erfindungen und Verbesserungen der Arbeitsproduktivität sind viel entscheidender als höhere Investitionen. Der theoretische Befund wird von Fakten bestätigt. Für rund zwei Drittel des Wachstums der Industrieländer sorgen Innovationen, der Rest kommt durch Zunahme von Arbeitsstunden und Akkumulation von Kapital zustande.

Im Grunde ist der Glaube an Investitionen als Wachstumsmotor marxistisch. Er geht davon aus, das die permanente Zunahme des Kapitalstocks zu den Bewegungsgesetzen des Kapitalismus zählt. Die Keynesianer gehen davon aus, dass höhere Investitionen die Nachfrage stimulieren, und betonen deshalb den Konjunktureffekt. Im Wettbewerbsmodell sind Investitionen Ausfluss individueller Entscheidungen und erhöhen einmalig das gesamtwirtschaftliche Pro-Kopf-Einkommen. Die Dynamik der Wirtschaft kommt von Innovationen.

Fragen? Schreiben Sie dem Autor unter kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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