Kolumne Der Ökonom Italien braucht Finanzhilfen der EU

Rom · Italiens Wirtschaft war schon vor der Corona-Krise marode. Jetzt ist das Land dringend auf Kredite der Europäischen Union angewiesen.

 Die berühmte Einkaufsgalerie Vittoria Emanuele in Mailands Innenstadt ist derzeit wegen der Corona-Ausgangssperre menschenleer.

Die berühmte Einkaufsgalerie Vittoria Emanuele in Mailands Innenstadt ist derzeit wegen der Corona-Ausgangssperre menschenleer.

Foto: AP/Antonio Calanni

Italiens Wirtschaft wird gemeinhin unterschätzt. Tatsächlich hat der Norden ein Wohlstandsniveau, das sich mit Süddeutschland, der Schweiz oder Österreich vergleichen kann. Doch seit 20 Jahren läuft es nicht rund. Die Verschuldung nahm dramatisch zu, die Produktivität wuchs kaum noch, viele Unternehmen verschliefen die Digitalisierung. Jetzt hat das Coronavirus das geschundene Land fest im Griff. Daran tragen die staatlichen Behörden einen Teil der Schuld, weil sie anfangs – wie bei uns – nicht scharf genug eingriffen. Italien hatte zudem das Pech, eines der ersten europäischen Länder bei der Verbreitung des Virus aus China zu sein.

Wirtschaft und Gesundheitssystem waren denkbar schlecht auf die Krise vorbereitet. Sollte der vom Staat richtigerweise beschlossene Stillstand über Wochen und Monate anhalten, droht der endgültige Absturz. Zwei Drittel der Unternehmen stehen vor dem Aus, fürchtet die Ratingagentur Fintech d’Europa. Das Land braucht die solidarische Hilfe Europas – wie vielleicht Spanien und Frankreich auch. In dieser Lage hat Italiens Premier Giuseppe Conte mit acht weiteren Ländern die Europäische Union angeschrieben, Eurobonds für die Corona-Krise aufzulegen. Ob dies der richtige Weg ist, muss geprüft werden. Unstreitig ist es, dass Italien gewaltige Kredithilfen benötigt. Der Spitzen-Ökonom Olivier Blanchard hält eine Ausweitung der Staatsschuld um 30 Prozentpunkte von jetzt schon beachtlichen 130 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für möglich. Das ist nur zu stemmen, wenn die starken Schultern der EU einen Teil der Risiken tragen, egal ob über Corona-Bonds, die Europäische Zentralbank oder den Rettungsfonds ESM.  Deutschland und die anderen nördlichen Länder dürfen nicht nur an sich denken. Denn wenn Italien fällt, ist auch Deutschlands Wirtschaft hoch gefährdet.

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