Berlin Wirtschaftsinstitut DIW kritisiert Familiensplitting

Berlin · Das DIW sieht bei den Plänen der Union zur Besteuerung von Familien die unteren Einkommensgruppen benachteiligt.

Die Pläne der Union zum steuerlichen Familiensplitting würden nach Berechnungen des Wirtschaftsforschungsinstituts DIW Familien mit Kindern jährlich um durchschnittlich 700 Euro pro Jahr entlasten. Die Experten kritisieren allerdings, dass die Entlastung ungleich verteilt sei. Demnach hätten Familien im obersten Zehntel jährlich rund 840 Euro mehr im Portemonnaie. In den unteren Einkommensgruppen würden sie nur über etwa 300 Euro pro Jahr zusätzlich versorgen. Das DIW bemängelt zudem, dass Splittingmodelle generell den gravierenden Nachteil hätten, dass sie dem familienpolitischen Ziel der Vereinbarkeit von Familie und Beruf entgegenwirkten. Gemeint ist damit, dass sich durch das steuerliche Splitting das Netto-Einkommen der Familie erhöht und damit der Anreiz (meistens für die Mutter) sinkt, selbst einer Erwerbsarbeit nachzugehen. Insbesondere das Ehegattensplitting, bei dem das Einkommen rechnerisch auf zwei Köpfe verteilt und dann jeweils mit dem niedrigeren Steuersatz belegt wird, kann diese Wirkung entfalten. Je größer der Einkommensunterschied der Ehepartner ist, desto größer ist auch der Splitting-Effekt.

Aktuell können Eltern für jedes Kind einen Grundfreibetrag von 7008 Euro pro Jahr steuerlich geltend machen. Wer von diesem Freibetrag nicht profitiert, weil sein Einkommen und damit auch die Steuerzahlungen zu niedrig sind, erhält das Kindergeld. Die Union plant den jährlichen Freibetrag für Kinder auf das Niveau der Erwachsenen von 8354 Euro pro Jahr und Kind anzuheben. Das Kindergeld soll parallel um 35 Euro pro Monat steigen. Bei Hartz-IV-Empfängern wird das Kindergeld auf den Regelsatz angerechnet. Sie würden durch die Reform also nicht mehr Geld erhalten.

Auch Sozialverbände kritisierten die Unionspläne als sozial ungerecht. Familienministerin Kristina Schröder (CDU) erklärte hingegen, dass bei Familien, bei denen die Freibeträge nicht wirkten, das erhöhte Kindergeld greife. Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Joachim Poß warf den Unionsparteien eine Umverteilung von unten nach oben vor. "Wo immer Steuerpläne von CDU und CSU auftauchen, wird vor allem die Entlastung der hohen Einkommen vorangetrieben und das mit großem Einsatz verschleiert", sagte er. SPD und Grüne wollen Splitting-Vorteile innerhalb von Familien einschränken. Die SPD plant, das Ehegattensplitting für Neu-Ehen komplett abzuschaffen. Die Grünen wollen den möglichen Splitting-Vorteil deutlich reduzieren.

Das DIW weist auch das Argument der Union zurück, die bei ihren Splitting-Plänen auf Frankreich als Vorbild verweist. Im Bericht des Instituts heißt es: "Es zeigt sich, dass schon das bestehende deutsche Modell in weiten Teilen großzügiger ist als das französische."

(qua)
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