Corona-Hilfen Wirtschaft ärgert sich über den Finanzminister

Düsseldorf · Corona-Hilfen kommen den Versprechen zum Trotz oft nicht an. In der Kritik steht vor allem Olaf Scholz, weil er mit seiner Bazooka-Ankündigung in den Augen seiner Kritiker zu viel vesprochen hat.

 Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) in einer Regierungsbefragung.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) in einer Regierungsbefragung.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Der Ton zwischen der deutschen Wirtschaft und dem Bundesfinanzministerium wird wegen der Prrobleme um die zugesagten Hlfen in der Corona-Krise deutlich rauer. Die Kritik richtet sich vielfach gegen den Bundesfinanzminister und seine „Bazooka“-Ankündigung. Peter Achten, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes NRW, sagte auf Anfrage: „Im Handel herrschen Wut und Verzweiflung. Bei den Dezemberhilfen fallen viele Unternehmen wegen der Antragsvoraussetzungen durch den Rost, bei den Januar-Hilfen ist völlig unklar, unter welchen Kriterien und wann sie gezahlt werden. Und es gibt überhaupt keine Perspektive für die Unternehmen, wann sie wieder öffnen können.“

In einer Umfrage des Branchenverbandes HDE hieß es jüngst, jeder zweite Händler fürchte, ohne weitere Hilfen bis spätetens Ende des Jahres schließen zu müssen. „Der Bundesfinanzminister kündigt vollmundig und ohne Unterlass Milliarden Staatshilfen an - ohne Wirkung für den Einzelhandel! Eindringlich bitten wir Sie darauf hinzuwirken, dass Vizekanzler Scholz für die Bundesregierung das Wort einlöst und die Finanzhilfen unkompliziert, schnell und auch tatsächlich im Handel ankommen“, hatten die Handelsverbände jüngst in einem Brandbrief an Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärt. Nach ihren Angaben sind etwa 200.000 Unternehmen in der Branche vom Lockdown betroffen.

Am Mittwoch meldeten sich andere Kritiker zu Wort. Viele bemängeln, dass beispielsweise von 14 Milliarden Euro angekündigten Novemberhilfen bisher nur 1,3 Milliarden Euro ausgezahlt worden seien. Dazu kommt, dass sicch viele in dem komplizierten Geflecht aus Soforthilfen, Überbrückungsgeldern und anderen Bestandteilen der Hilfsprogramme oft nicht wiederfinden und durchs Raster fallen. Für viele Betriebe wird die Luft immer dünner, da die Hilfen nicht ankommen. Wenn sich die Auszahlung noch weiter verzögert, stehen Hunderttausende Arbeitsplätze auf dem Spiel.“

Das Bundeswirtschaftsministerium verteidigt eine nachträgliche Verschärfung der Bedingungen für coronabedingte Unternehmenshilfen im Rahmen der Überbrückungshilfen II. Die Änderung gehe auf Vorgaben der EU-Kommission im Zusammenhang mit dem Beihilferecht zurück, um auch Auszahlungen von mehr als einer Million Euro zu ermöglichen, sagt eine Ministeriumssprecherin. Seit Anfang Dezember sei auf der Homepage des Ministeriums darauf hingewiesen worden, dass die Überbrückungshilfe ein Beitrag "zu den ungedeckten Fixkosten" sei. Demnach müsste ein Unternehmen Verluste nachweisen, um die Hilfen zu bekommen. Das Ministerium gehe "davon aus, dass sich an der Höhe der Auszahlungen in aller Regel nichts ändern wird, weil es die Verluste gibt, die man jetzt vorweisen muss. Sonst müsste man den Antrag nicht stellen." NRW-Wirtschaftsminister Andreas  Pinkwart (FDP) kündigte für Nordrhein-Westfalen an, dass die Auszahlung der Hilfsgelder an notleidende Betriebe noch in dieser Woche starten wolle. „Die Verzögerungen bei den Novemberhilfen dürfen sich nicht wiederholen“, mahnte Pinkwart, der gleichzeitig mit der Komplexität der Hilfen hadert. „Es ist wirklich kompliziert geworden.“ Man sei gerade dabei, eine Übersicht aller Hilfen zu erstellen und habe dabei schon ein DIN A3-Blatt voll – „klein geschrieben“, so Pinkwart. Durch die Vielzahl der Programme, die aufeinander abgestimmt werden müssten, sei auch die Komplexität der Software immer weiter gestiegen. „Wir brauchen weniger Komplexität“, sagte Pinkwart: „Aber hinterher ist man immer klüger.“ Man müsse sich nun darauf konzentrieren, dass man Verbindlichkeit in die Abläufe bekomme.

Pinkwart rechnet damit, dass die Folgen der Corona-Krise die Wirtschaft noch längere Zeit lähmen werden. „Wir werden wohl erst 2022 die wirtschaftliche Stärke auf Vorkrisenniveau erreichen“, sagte der Minister. Voraussetzung für eine baldige Erholung sei, dass die Industrie weiter arbeiten könne und in anderen Bereichen der Wirtschaft die bestehenden Einschränkungen bald aufgehoben würden.

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