Bafin-Mitarbeiter unter Druck Wirecard-Skandal weitet sich aus

Exklusiv | BERLIN · Bafin-Mitarbeiter haben länger als bisher bekannt Wirecard-Geschäfte getätigt. Noch nach der Insolvenzmeldungen wurden private Geschäfte von Beschäftigte der Behörde mit Bezug zu dem Unternehmen ausgeführt.

 Der Schriftzug von Wirecard ist an der Firmenzentrale des Zahlungsdienstleisters in Aschbeim bei München zu sehen (Archiv).

Der Schriftzug von Wirecard ist an der Firmenzentrale des Zahlungsdienstleisters in Aschbeim bei München zu sehen (Archiv).

Foto: dpa/Peter Kneffel

Beschäftigte der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, kurz Bafin, haben auch noch lange nach offiziellen Meldungen zum Milliardenbetrug beim einstigen Dax-Aufsteiger Wirecard private Geschäfte mit Bezug zu dem Unternehmen ausgeführt. Das geht aus der Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Demnach meldeten Mitarbeiter im Rahmen einer internen Sonderauswertung für Juni 2020 insgesamt 106 private Finanzgeschäfte mit Bezug zur Wirecard AG, für Juli eins und für August vier.

Der inzwischen insolvente frühere Dax-Konzern Wirecard hatte im Juni 2020 Luftbuchungen von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt und in der Folge am 25. Juni Insolvenz angemeldet. Die Münchener Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das Unternehmen seit 2015 Scheingewinne auswies, und ermittelt wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs. Um die politische Aufklärung bemüht sich ein Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages.

Die Sonderauswertung ergab bislang, dass insgesamt 85 Bafin-Mitarbeiter im Jahr 2018 88 und im  Jahr 2019 137 private Geschäfte mit Bezug zur Wirecard AG ausgeführt hatten. Von Januar bis September 2020 waren es 270 Geschäfte, die bislang bei der internen Untersuchung von den Betroffenen angezeigt wurden. Die Behörde wies nun nach Angaben des Finanzministeriums drei Beschäftigte auf ihre Pflicht hin, die Geschäfte unverzüglich zu melden, weil der „der Zeitpunkt der Anzeige zeitlich erheblich entfernt vom Durchführungszeitpunkt des Geschäftes lag“.  Aussagen zu personal- oder dienstrechtlichen Konsequenzen können den Angaben zufolge noch nicht getroffen werden.

Auffällig ist zudem, dass das Ministerium in einer Antwort auf eine frühere FDP-Anfrage deutlich weniger private Geschäfte für den Zeitraum von Januar bis einschließlich Juni 2020 ausgewiesen hatte: In dem Dokument vom 6. Oktober wurden 196 Geschäfte in Finanzinstrumenten mit Bezug zu Wirecard AG von 56 Beschäftigten aufgeführt. In der jüngsten Antwort der Bundesregierung sind es nun 265 für denselben Zeitraum. Frank Schäffler, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Steuern und Finanzen der FDP-Fraktion, schließt daraus, dass Bafin-Mitarbeiter rund 70 Geschäfte erst nachträglich gemeldet haben. „Es ist erschütternd, was bei der Finanzaufsicht alles ans Tageslicht kommt“, sagte er. „Ein Ende scheint hier nicht in Sicht.“ Der Vorgang zeige, dass der laxe Umgang mit der eigenen Compliance die Bafin und ihre Führung völlig unglaubwürdig mache. „Das hat letztlich der Finanzminister Olaf Scholz zu verantworten, dem die Bafin als Behörde unterstellt ist“, sagte Schäffler. Er forderte, alles aufzuarbeiten und aufzuklären, bevor organisatorische und rechtliche Änderungen bei der Finanzaufsicht stattfinden könnten. „Ohne dieses Vorgehen macht man sonst den Bock zum Gärtner“, sagte Schäffler.

(jd/dpa)
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