Braunschweig/Wolfsburg Winterkorn droht Schadenersatzklage

Braunschweig/Wolfsburg · Der frühere VW-Chefaufseher Ferdinand Piëch sagt, er habe Ex-Vorstandschef Martin Winterkorn schon früh von Hinweisen auf Abgasmanipulationen erzählt. Anwälte fordern, dass VW nun gegen Winterkorn vorgeht.

Der frühere Vorstandsvorsitzende von VW, Martin Winterkorn, kommt wegen der Dieselaffäre immer stärker unter Druck. Sein früherer Freund und Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch hat gegenüber der Staatsanwaltschaft Braunschweig erklärt, Winterkorn habe früher als eingeräumt von dem Dieselbetrug erfahren. Er selbst habe Ende Februar 2015 den Hinweis erhalten, dass VW ein ernsthaftes Problem in den USA habe, weil der Konzern die Abgaswerte manipuliere.

Doch nachdem Piëch Winterkorn auf den Vorgang angesprochen habe, habe dieser erklärt, Papiere zu solchen Vorgängen existierten nicht. Das sagte Piëch den Ermittlern Ende des vergangenen Jahres, berichtet der "Spiegel". Möglicherweise war diese Aussage von Piëch nun der Grund, warum die Braunschweiger Staatsanwaltschaft seit einer Woche gegen Winterkorn auch wegen Betrugs und nicht nur wegen Kursmanipulation ermittelt.

Winterkorn hat mehrfach beteuert, erst im September 2015 von den Abgasmanipulationen erfahren zu haben. Sollte sich nun beweisen lassen, dass er früher davon wusste, haben die Klagen von Anlegern auf Schadenersatz in Milliardenhöhe höhere Chancen. Dazu sagt der Stuttgarter Anwalt Andreas Tilp: "Diese Aussagen sind ein weiteres Problem für Winterkorn und für Piëch und VW. Wenn der Aufsichtsratschef den Vorstandschef schon im Februar 2015 auf Gerüchte über die Manipulationen ansprach, dann muss man sich fragen, warum dies geheim blieb und warum die Manipulationen nicht gestoppt wurden."

Aber Winterkorn drohen nun auch persönlich Schadenersatzforderungen. "Nach dieser Aussage von Piëch muss VW prüfen, ob der Konzern die hohe Rente von Martin Winterkorn einbehalten muss und ihn auf Kompensation verklagen muss", sagt der Düsseldorfer Anwalt Julius Reiter. Er fährt fort: "Wenn Winterkorns früherer Aufsichtsratschef erklärt, er habe ihn im Februar 2015 auf mögliche Probleme hingewiesen, hätte Winterkorn spätestens dann intern recherchieren müssen, was an den Vorwürfen dran ist. Und er hätte dann die Manipulationen stoppen müssen. Da er dies nicht tat, müsste er wegen mangelnder interner Aufsicht Schadenersatz leisten."

Zumindest Piëch wäre nicht erzürnt: Viele Jahre lang war der einstige VW-Chef der größte Förderer seines früheren Assistenten Winterkorn, bis der dann 2007 selber VW-Primus wurde. Doch im April 2015 gab Piëch seinen Zögling zum Abschuss frei: "Ich bin auf Distanz zu Winterkorn", erklärte er in einem Interview, doch völlig unerwartet verlor Piëch nach einigen Tagen des Machtkampfes am 25. April 2015 den Posten als Aufsichtsratschef.

Sechs Monate danach musste Winterkorn wegen des Abgasbetruges gehen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort