Düsseldorf Wie Versicherer von Unisex-Tarifen profitiert haben

Düsseldorf · Seit einem Jahr müssen überall gleiche Prämien für Männer und Frauen gelten. Teils wurden Beiträge einfach erhöht.

Ein Jahr nach der Einführung der Unisex-Tarife im Versicherungsgeschäft droht der Branche schon neues Unheil. Es gibt bereits Bestrebungen der EU-Kommission, zu prüfen, ob unterschiedliche Prämien für Alter und Behinderung nicht diskriminierend sind. Vor solchen weiteren Eingriffen warnt eine Studie der Beratungsgesellschaft Oxera im Auftrag des europäischen Versicherungsverbandes. Sie kommt zum Schluss, dass die Kunden dann mit noch höheren Prämien rechnen müssten, weil bei einem Verbot von Preisdifferenzierungen vor allem Personen mit hohem Risiko, also alte und kranke Menschen, den Schutz abschließen würden.

Seit fast genau einem Jahr gibt es zwischen Männern und Frauen keinen Unterschied mehr, wenn es um die Versicherungsprämie geht. Grund war damals ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), wonach Prämienunterschiede, die sich nur aus der Statistik ableiten, ungerecht und diskriminierend sind. Folge: Seit dem 21. Dezember des vergangenen Jahres dürfen Versicherer von Frauen und Männern keinen unterschiedlichen Beitrag mehr verlangen.

Die Entscheidung wurde damals von der Versicherungsbranche heftig kritisiert. Alle Tarife mussten neu kalkuliert werden. Dabei gibt es nach Ansicht des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sachliche Gründe dafür, warum Frauen und Männer unterschiedliche Prämien zahlen sollten. So würden Frauen länger leben und öfter zum Arzt gehen. Früher zahlten sie daher mehr für private Renten- und Krankenversicherungen. Nun gibt es überall Mischtarife.

Dennoch hat sich die Umstellung auf Unisex vor allem für die Versicherer gelohnt. So wurden mit der Warnung vor höheren Prämien vor allem Männer in die private Krankenversicherung (PKV) gelockt. Ein solcher "Schlussverkauf" sei berechtigt gewesen, heißt es beim Marktbeobachter Morgen & Morgen aus Hofheim. Demgegenüber sei die Hoffnung auf günstige PKV-Tarife für Frauen enttäuscht worden.

Anscheinend wurde die Umstellung auf die Unisex-Tarife auch dazu genutzt, einfach die Versicherungsbeiträge anzuheben. Dies zeigt auch eine Untersuchung der Zeitschrift "Ökotest" zur Risikolebensversicherung, die für Frauen früher günstiger war, weil diese länger leben. Jetzt zahlten Frauen viel mehr, Männer etwas weniger, so das Fazit von "Ökotest". Und in der Autoversicherung wurde einfach der Rabatt für junge Fahrerinnen unter 25 Jahren aufgehoben.

"Die Versicherer wurden gezwungen, Ungleiches gleich zu behandeln und mussten deshalb aus kalkulatorischen Gründen in ihre Prämien einen zusätzlichen Risikopuffer einbauen", verteidigt Michael Heinz, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute, das Verhalten der Branche. In der Vergangenheit hatten die Versicherer Differenzierungsverbote hingegen ohne Probleme geschluckt.

(RP)
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