Düsseldorf Wie fleißig sind die Griechen?

Düsseldorf · Die griechische Regierung drängt die Euro-Staaten auf die Bewilligung der nächsten Milliarden-Hilfe. Sonst könne sie Renten und Beamten-Gehälter nicht mehr zahlen. Zugleich startet sie den Ausverkauf bei Staatsbetrieben. Der CDU-Wirtschaftsrat findet, Athen müsse die Sozialleistungen kürzen.

Die griechische Krise spitzt sich zu. Die Regierung in Athen warnte vor dramatischen Konsequenzen, wenn der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Euro-Länder die Auszahlung der nächsten Tranche an Hilfsgeldern verzögern sollten, weil sie mit dem Stand der Reformen unzufrieden sind. "Dann wird das Land seine Auszahlungen stoppen. Gehälter, Renten – alle Staatsausgaben werden nicht mehr erfolgen", sagte Finanzminister Giorgos Papaconstantinou im griechischen TV.

Doch in Deutschland wächst der Widerstand. Der CDU-Wirtschaftsrat etwa will neues Geld an den Abbau von Sozialleistungen knüpfen. "Hilfeleistungen an Pleiteländer darf es nur geben, wenn bei ihnen niedrigere Sozialleistungen als in den Geberländern gezahlt werden", sagte gestern der Präsident des CDU-Wirtschaftsrates, Kurt Lauk. Er nennt die Sozialleistungen zu hoch und die Sparanstrengungen zu niedrig. Ein Fakten-Check:

Sparpaket Mit ihren bisherigen Sparbemühungen liegt die Regierung von Ministerpräsident Giorgos Papandreou deutlich unter Plan. Deshalb hat sie nun nachgelegt. Sie will ein weiteres Sparpaket über sechs Milliarden auflegen und sich bis 2015 von Staatsbeteiligungen im Wert von 50 Milliarden Euro trennen. Interesse besteht. So soll Hochtief an der Aufstockung seines Anteils am Flughafen Athen interessiert sein, die Deutsche Telekom könnte ihren Anteil am Telefonanbieter OTE ausweiten. Opposition und Gewerkschaften in Athen kündigten aber neue Proteste an.

Staatssektor Die Privatisierung und der Abbau des staatlichen Sektors scheint dringend erforderlich: Ein Viertel der griechischen Beschäftigten ist im öffentlichen Dienst tätig. Griechenland gibt elf Prozent des Sozialprodukts für Staatsbedienstete (inklusive Pensionen) aus. In Deutschland sind es sieben Prozent, so Torge Middendorf, Euro-Experte der WestLB.

Renten Anders als die Kanzlerin meint, sind die Griechen kaum früher in Rente als die Deutschen. Die Deutschen gehen im Schnitt mit 62 in den Ruhestand, die Griechen mit 61,5 Jahren. Athen hat das gesetzliche Rentenalter 2010 auf 65 Jahre angehoben. In Deutschland wird es derzeit auf 67 Jahre erhöht. Jedoch müssen die Griechen im Ruhestand weniger Einkommenseinbußen hinnehmen. Sie haben im Schnitt einen Anspruch auf 82 Prozent des Durchschnittseinkommens, während es in Deutschland nur 40 Prozent sind, so die Industrieländer-Organisation OECD.

Löhne Das griechische Lohnniveau liegt deutlich unter dem deutschen. Allerdings haben die Griechen stark aufgeholt. Ihre Löhne stiegen laut dem europäischen Statistikamt vom Jahr 2000 bis 2008 um 32 Prozent, in Deutschland betrug der Anstieg nur 19 Prozent. Die wöchentliche Arbeitszeit der Griechen liegt im Schnitt bei 39 Stunden.

"In Griechenland liegt vieles im Argen, aber man darf das Land auch nicht kaputt sparen", sagt Holger Sandte, Chefvolkswirt von WestLB Mellon. Die Hilfen anderer Staaten seien eine Investition in Wachstum, ohne die das Land nicht wieder auf die Beine komme. Auch die Rating-Agenturen sind besorgt, weil die Euro-Länder mit ihrer Hilfe zögern. Nachdem Fitch die Note für die Bonität Athens erneut gesenkt hat, stiegen nun die Kreditzinsen auf einen Rekordwert. Athen muss derzeit 17 Prozent für zehn Jahre laufende Kredite zahlen.

(RP)
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