Notenbanksitzungen Wie es mit den Zinsen weitergeht

Düsseldorf · Jetzt wird die Europäische Zentralbank wohl zum fünften Mal seit Mai des vergangenen Jahres den Leitzins anheben. Noch ist die Inflation viel zu hoch. Im Januar lag sie in der Euro-Zone bei 8,5 Prozent.

 Die EZB in Frankfurt

Die EZB in Frankfurt

Foto: dpa/Boris Roessler

Es ist eine Woche der wegweisenden Zinsentscheidungen weltweit. Erst die US-amerikanische Notenbank Fed, dann am Donnerstag die Europäische Zentralbank und ihr britisches Pendant, die Bank of England. Und nachdem die Kritiker monatelang der Europäischen Zentralbank (EZB) zu große Zögerlichkeit bei ihrer Zinspolitik vorgeworfen und ihr geraten haben, sich am Vorgehen der Fed zu orientieren, haben die Notenbanker in Frankfurt das Ganze deutlich beschleunigt.

Diesmal schätzen Beobachter, dass die EZB den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte erhöht, genauso wie die Bank of England. Zum Vergleich: In den USA wurde jetzt eine Steigerung um nur noch 0,25 Punkte erwartet. Trotzdem ist das europäische Zinslevel noch weit entfernt von dem jenseits des Atlantiks. Die Amerikaner hatten schon vor der Entscheidung am Mittwochabend seit Mai 2022 in sechs Schritten ihren Zinskorridor von null auf vier bis 4,5 Prozent erhöht. In der Eurozone hat es seit Juli vier Anpassungen gegeben, aktuell sind es 2,5 Prozent. Zumindest bis Donnerstag. Das lag daran, dass die Euro-Banker die Inflation zu lange als vorübergehendes Phänomen wahrgenommen und erst spät reagiert haben.

Die Einschätzung hat sich geändert. Dass die Mitte Dezember des vergangenen Jahres erfolgte Anpassung nicht die letzte gewesen sein dürfte, hat EZB-Präsidentin Christine Lagarde längst unmissverständlich klargemacht: „Die Zinsen müssen noch weiter erheblich in einem stetigen Tempo steigen, um hinreichend restriktive Niveaus zu erreichen“, hat die Französin schon zu Beginn des Jahres erklärt – und ergänzt, die Zinsen würden hoch bleiben, so lange dies in Europa nötig sei. Das erklärte Ziel der EZB-Präsidentin: „Wir müssen die Inflation herunterbringen auf unser Ziel von zwei Prozent. Und wir werden das schaffen.“

Vom Erreichen dieses Ziels ist man in Europa offensichtlich noch ziemlich weit entfernt. Zwar sind zuletzt die Energiepreise gesunken und die Inflationsrate ist wieder unter die im Herbst des vergangenen Jahres übertroffene Marke von zehn Prozent gefallen. Doch damit ist die Inflationsangst noch längst nicht gebannt. Im Januar betrug die Preissteigerungsrate nach Angaben der europäischen Statistikbehörde Eurostat noch 8,5 Prozent. Und auch wenn die Rate damit stärker gesunken ist, als Analysten dies für den ersten Monat des neuen Jahres erwartet hatten, werden die Zinsen im Euro-Raum noch weiter steigen.

Denn auch die sogenannte Kerninflation gibt noch keinen Anlass zur Entwarnung. Die lag im Januar europaweit bei 5,2 Prozent und zeigt den Anstieg der Verbraucherpreise, wenn man Energie und Lebensmittel herausrechnet. Die beiden Bereiche waren nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine die großen Preistreiber, weil Gas, Strom, Weizen und anderes knapp wurden. Aber auch ohne sie ist die Inflation in Europa noch deutlich weg von der Zwei-Prozent-Zielmarke. Alkohol und Tabak sind ebenfalls teurer geworden, die Preise für Dienstleistungen sind um mehr als vier Prozent gestiegen.

Diese Daten sind deshalb so wichtig, weil sie Rückschlüsse darauf zulassen, wie Unternehmen ihre Kosten an die Verbraucher weiterreichen. Daraus kann man wiederum ableiten, ob möglicherweise Beschäftigte höhere Löhne fordern, also die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale besteht.

Andererseits haben die ersten Zinsschritte bereits Wirkung gezeigt, sodass sich das Tempo der Erhöhungen ein wenig verlangsamen könnte. Für den Moment wird erst mal eine Anhebung um 0,5 Punkte auf drei Prozent erwartet.

Wie sehr deutsche Sparer mit einem ausgeprägten Sicherheitsdenken von der aktuellen Zinspolitik der Euro-Banker in Frankfurt profitieren, ist eine andere Frage. Schon jetzt gibt es zwar Angebote für Tages- und Festgeldkonten, die mehrere Prozent Zinsen versprechen, aber vor allem bei den Sparkassen gibt es noch etliche Institute, die solche Spareinlagen noch gar nicht wieder ins Programm aufgenommen haben. Da entspricht der reale Vermögensverlust also noch immer der aktuellen Inflationsrate, was bei manchen Sparern Kopfschütteln auslöst. Rund sechs Monate nach der ersten Zinserhöhung durch die EZB haben nach einer Auswertung des Verbraucherportals Verivox von 626 überprüften Kreditinstituten 397 noch immer keine verzinsten Tagesgelder im Angebot. Dies sei unter anderem bei drei Vierteln der Sparkassen der Fall.

Und da nicht jede(r) das Risiko eines Investments in Aktien oder Gold eingehen will, muss er oder sie sich bei manchen Instituten noch in Geduld üben. Dass die Gefahr von Negativzinsen gebannt ist, ist da nur ein schwacher Trost.

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