Netzausbau soll vorankommen Auf dem Land gibt’s bald Glasfasergutscheine

Berlin/Düsseldorf · Die Ampel will schnelles Internet überall anbieten. Beim Mobilfunk sollen die Konzerne nicht mehr Milliarden für Lizenzen zahlen. Sie können eventuell sogar Geld für das Schließen von Funklöchern erhalten.

 Über Glasfaser, wie sie oft auch am Niederrhein gelegt wird, ist ein Übertragungstempo von einem Gigabit möglich.

Über Glasfaser, wie sie oft auch am Niederrhein gelegt wird, ist ein Übertragungstempo von einem Gigabit möglich.

Foto: Deutsche Glasfaser/Martin Wissen

Nachdem die scheidende Bundesregierung ein in der Realität schwer durchsetzbares „Recht auf schnelles Internet“ für alle Bürger festgelegt hatte, will die neue Ampelkoalition nun vorrangig die freiwilligen Kräfte der Wirtschaft nutzen, um sowohl beim Ausbau des Festnetzes als auch der Mobilfunknetze schnell voranzukommen. Das zeigt der Koalitionsvertrag.

Deutlichstes Zeichen für den Trend ist, dass damit Schluss sein soll, Mobilfunkfrequenzen für möglichst viel Geld zu versteigern. Stattdessen soll es sehr ambitionierte Ausbauziele zum Schließen von Funklöchern geben, wobei auch „negative Auktionen zum Einsatz kommen sollen“, wie es im Koalitionsvertrag heißt. „Es ist gut, dass der Staat Frequenzen für den Mobilfunk weiter in Auktionen vergeben will“, sagt dazu der Duisburger Wirtschaftsprofessor Torsten Gerpott, „und es ist ein Fortschritt, dass bei Frequenzauflagen der Ausbau in der Fläche das Entscheidende ist.“ Bisher habe der Staat vorrangig Ausbauziele bezogen auf die erfassten Haushalte vorgegeben, was dann ländliche Regionen benachteiligte. Zufrieden ist auch Markus Haas, Chef des Telefonkonzerns Telefónica Deutschland (O2): „Wesentlich ist das Bekenntnis der Ampelkoalition zum Vorrang des flächendeckenden Ausbaus der Mobilfunknetze bei gleichzeitigem Verzicht auf erlösmaximierende Auktionen. Dies sendet ein wichtiges Signal, um private Investitionen in die digitale Infrastruktur zu stärken.“

Zu den neuen Versteigerungen wird von der rot-grün-gelben Koalition festgelegt, dass es möglicherweise sogar Zuschüsse für die Nutzung neuer Mobilfunkfrequenzen gibt, wenn sich Telekom und Co. im Gegenzug dazu verpflichten, auch jeden Bauernhof mit superschnellem Handyempfang zu versorgen. In diese liberale Richtung passt, dass FDP-Generalsekretär Volker Wissing Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur wird. In Nordrhein-Westfalen versucht sein Parteifreund Andreas Pinkwart bereits länger und mit einigem Erfolg, die Mobilfunker mit Anreizen zum Schließen der „weißen Flecken“ beispielsweise am Niederrhein oder in der Eifel zu bringen.

Die Koalitionsvereinbarung schreibt beim Ausbau der Festnetze fest, dass auf Glasfaser bis in jede Wohnung gesetzt werden soll und dass der „eigenwirtschaftliche Ausbau Vorrang hat“. Das findet der Düsseldorfer Strategieberater Arndt Rautenberg klug: „Viele mir gut bekannte Fonds aus dem Ausland würden gerne in den Ausbau der deutschen Infrastruktur investieren. Wenn die Politik nun klarmacht, wie wichtig ihr das private Engagement ist, dann ist das nur sinnvoll.“

Damit der Ausbau der Zukunftstechnik Glasfaser vorankommt, sollen alternative Verlegetechniken wie das sogenannte Trenching zur offiziellen Norm werden. Dabei werden Bürgersteige in 30 oder 40 Zentimeter Tiefe untergraben, was deutlich preisgünstiger als das tiefe Aufbuddeln von Straßen ist. Die Anträge für das Legen der Leitungen sollen nur noch digital eingereicht werden, Anträge auf Bauzuschüsse sollen einfacher gestellt werden können.

Als Clou soll Bürgern auf dem Land angeboten werden, einen vom Staat bezahlten Gutschein zu erhalten, mit dem sie dann der örtlichen Telefonfirma einen Zuschuss zum Bau eines Glasfaseranschlusses geben. „Das begrüßen wir“, das könne Investitionen anregen, sagt Jürgen Grützner, Geschäftsführer des Branchenverbandes VATM, in dem unter anderem Vodafone vertreten ist. Kritisch gibt sich Wirtschaftswissenschaftler Gerpott: „Diese Glasfasergutscheine sind überflüssig. Sie laden nur zu Mitnahmeeffekten ein, weil Glasfaser in sehr vielen Gebieten auf dem Land sowieso gelegt werden soll. Außerdem ist Bürgern auf dem Land zuzumuten, dass sie ihren Glasfaseranschluss selber zahlen, dafür zahlen sie ja auch weniger für die Miete oder ein eigenes Haus als Menschen in der Stadt“, sagt er.

Nicht glücklich ist die Branche darüber, dass Verbraucher Telekom, Vodafone oder Telefónica künftig möglicherweise verklagen können, wenn ein Online-Anschluss das versprochene Übertragungstempo doch nicht hält. Dann müsse es eventuell „pauschalisierte Entschädigungsansprüche“ geben, kündigt die Ampel an. Verbraucherschützer finden das gut, der Branchenverband Bitkom gibt sich vorsichtig: Der notwendige schnelle Ausbau der Netze dürfe „nicht durch neue Belastungen für die Unternehmen erschwert werden“, heißt es in einer Erklärung.

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