Totalausfall Wie bei UnityMedia das Netz schwächelt
Köln/Düsseldorf · Mehrere Stunden lang konnten Tausende Kunden kein Internet nutzen. Dabei wächst das Unternehmen sehr schnell - Kundenbeschwerden sind nicht selten. Die Erfahrung zeigt allerdings: Die Firma reagiert auf Kundenärger.
Am Montagabend mussten sich viele Kunden von Unitymedia Kabel BW schon etwas verschaukelt vorkommen: Mit "ultraschnellem Internet" sei das Unternehmen "für die Zukunft bestens aufgestellt", warb der entscheidende Kabel-TV-Anbieter in NRW als große Meldung vom Tage für sich auf der Internetseite. Dass in Wahrheit gleichzeitig Tausende Kunden in der Region ernsthafte Zugangsprobleme hatten, war keine Meldung - aber bei sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter entschuldigten sich Mitarbeiter für die Panne. "Aktuell gibt es in Teilen von NRW eine Großstörung" hieß es, "Unsere Techniker arbeiten mit Hochdruck an der Behebung." Und tatsächlich liefen die Verbindungen im Lauf des Spätabends wieder reibungslos - ein wichtiger Großrechner zum Anwählen von Internetadressen war ausgefallen.
Der Vorfall bestätigt, dass Unitymedia als zweitgrößter Kabel-Netz-Anbieter Deutschlands mit einer Reihe an Problemen zu kämpfen hat. "Die haben ein superschnelles Netz, aber vom Service hört man nicht immer nur gutes", sagt Thorsten Gerpott, Professor für Betriebswirtschaft an der Universität Duisburg-Bremen. Mit viel Werbung machte Unitymedia das neue TV-Angebot "Horizon" bekannt, doch die Umstellung gelang keineswegs überall reibungslos. "Da kamen einige Klagen", berichtet Thomas Bratzel von der Verbraucherzentrale NRW. Und aktuell häufen sich in Baden-Württemberg Schwierigkeiten wegen der Integration des Zukaufs Kabel-BW bei UnityMedia. "Da gibt es nichts zu beschönigen", sagt Unternehmenssprecherin Katrin Köster, "wir müssen da bei der Netzzusammenführung noch einige Herausforderungen bewältigen."
Tatsächlich scheint Unitymedia mit dem schnellen Wachstum in Richtung Internetkonzern auch neue Probleme zu ernten. Viele Jahre lang erhielten die Kunden fast nur TV-Anschlüsse, doch seit Kabel-Konzerne Online-Anschlüsse mit einem Übertragungstempo von bis zu 150 Megabit/Sekunde vermarkten können, melden sich viele hunderttausende Kunden ganz von den Telefonkonzernen ab und werden Komplettkunden. So haben mittlerweile von den 7,1 Millionen-Unity-Kunden 2,6 Millionen Kunden auch Internet gebucht. "Die wachsen superschnell",sagt Experte Gerpott, da würde jeder reine Telefonkonzern gerne mithalten."
Dabei hat UnityMedia-Chef Lutz Schüler mehrere Probleme zu bewältigen. "Wir versuchen den Kundenservice immer weiter verbessern", sagt er und lässt die Zufriedenheit von Kunden täglich untersuchen. Als ein Thema muss Unity dabei mit Haushalten klar kommen, die sich ärgern, dass sie für ihr W-Lan-Modem einen Extra-Zuschlag zahlen müssen, obwohl sie davon beim Buchen nichts erfahren hatten. In einem Fall verzichtete das Unternehmen dann nach einer Beschwerde auf die 30 Euro.
WLAN und Bluetooth - kabellose Lautsprecher liefern guten Klang
Eine Düsseldorferin wartete drei Wochen lang darauf, dass ihr auf ein höheres Tempo umgeschalteter Onlinezugang wieder ging - am Ende drohte sie damit,die Bundesnetzagentur einzuschalten. "Dann ging alles in wenigen Stunden", berichtet sie "und ich erhielt eine kleine Gutschrift als Ausgleich für den Ärger."
Gleichzeitig droht Schüler Opfer seines eigenen Erfolges zu werden. Weil die Kabel-Netze ein schnelleres Übertragungstempo als die Telefonnetze erlauben, hat Vodafone sich bereits Deutschlands größten Kabel-TV-Anbieter Kabel-Deutschland gekauft. Irgendwann wollen die Düsseldorfer auch Unitymedia schlucken - nämlich dann, wenn das Bundeskartellamt einen solchen Deal erlauben würde. Der immer optimistische Familienvater Schüler würde dann wohl seinen Job verlieren - wegen der zu erwartenden hohen Abfindung wäre das aber auch keine Katastrophe für den 46-jährigen Betriebswirt und begeisterten Windsurfer.
