Düsseldorf Wenn ein Erbe in Steueroasen auftaucht

Düsseldorf · Der Ehepartner oder die Eltern versterben und hinterlassen ein verstecktes Konto in der Karibik: Wer in einer Erbschaft schwarzes Vermögen entdeckt, sollte dies beim Finanzamt angeben und Steuern zahlen. Sonst drohen hohe Strafen.

Indem er die Hintergründe seiner Geldanlagen in Offshore-Steueroasen weiter geheim hält, schürt Ex-NRW-Finanzminister Helmut Linssen immer neue Spekulationen. Zugleich schärft der Fall das Bewusstsein für ein gar nicht so seltenes Problem: Was tun, wenn man als Erbe unerwartet mit Geld von verstorbenen Verwandten auf verdächtigen Auslandskonten konfrontiert wird?

Nicht nur bei Schweizer Bankkonten sollten die Erben hellhörig werden. "Die Schweiz hat schon länger als Geldversteck ausgedient", sagt der Düsseldorfer Steuer- und Strafrechtsexperte Simon-Alexander Zeidler, der etliche Mandanten zu diesem Thema berät. "Bis vor kurzem waren exotische Gegenden wie die Bahamas oder Panama noch deutlich beliebter, weil dort die Finanzaufsicht betont liberal war", sagt Zeidler. Schon zu Beginn der 1990er Jahre sei es deshalb dort leichter als in der Schweiz gewesen, Geld anonym zu verstecken. "Die meisten deutschen Banken haben aus der Vermittlung solcher Geldverstecke bis weit in die 1990er Jahre hinein sogar eigene Geschäftsfelder gemacht", sagt Zeidler. Zu den Banken, die umfangreiche Geschäfte in Offshore-Oasen wie den Cayman Islands, den Bermudas oder auf der Karibikinsel Curaçao betrieben, gehörte auch die einstige NRW-Landesbank WestLB, in deren Aufsichtsrat Linssen in seiner Zeit als NRW-Finanzminister saß.

Wer ein Vermögen erbt, muss es grundsätzlich beim Finanzamt angeben. Steuerfrei sind Erbschaften für hinterbliebene Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner in der Regel in einer Höhe von bis zu 500 000 Euro. Der Freibetrag für Kinder, deren Eltern verstorben sind, liegt bei 400 000 Euro, für Enkelkinder bei 200 000 Euro. Alles, was der Verstorbene darüber hinaus hinterlässt, muss versteuert werden (siehe Info "Steuersätze"). Nach dem Tod hat der Erbende drei Monate Zeit, das Erbe beim Finanzamt anzuzeigen. Befindet sich darunter auch ein bis dahin verstecktes Konto auf den Bahamas, sollte das unbedingt ebenfalls gemeldet werden. "Wer das nicht tut, der macht sich schon strafbar", sagt Zeidler. Wer das Konto aber angibt, hat strafrechtlich nichts zu befürchten – selbst wenn es sich um Schwarzgeld handeln sollte. Aber Achtung: Der Erbe hat auch eine Anzeigepflicht für die vom Verstorbenen hinterzogenen Steuern. Versäumt er dies, kann er sich strafbar machen.

Das Erbschafts-Finanzamt macht nun eine Mitteilung an die Wohnsitz-Finanzämter des Verstorbenen und des Erben. Ist das Bahamas-Konto dort nicht bekannt, fordert das Wohnsitz-Finanzamt vom Erben, die Steuerschuld zu begleichen. Der Erbe sollte sich von der Bank Erträgnisaufstellungen geben lassen. Sonst schätzt das Finanzamt, was meist deutlich teurer wird. Schließlich muss der Erbe die vom Erblasser hinterzogenen Steuern plus sechs Prozent Zinsen pro Jahr nachzahlen – rückwirkend über einen Zeitraum von zehn Jahren. Strafrechtlich wird er nicht belangt. "Eine Steuerschuld kann man erben, eine Strafbarkeit nicht", sagt Zeidler. Seine Erfahrung: "Die Verlockung ist groß, das Konto zu verschweigen. Dann ist der Weg zurück in die Legalität aber verbaut."

Auch bei Selbstanzeigen spielen unversteuerte Erbschaften eine Rolle. Wenn die Erbschaft schon mehr als elf Jahre zurückliegt, ist die zu zahlende Steuer auf das Erbe ebenso verjährt wie die Strafe. Das gilt aber nicht für die Steuer auf die durch das Konto verdienten Zinsen. Zeidler mahnt: "Wer die noch nicht verjährte Erbschaft außen vorlässt, riskiert, dass die gesamte Selbstanzeige unwirksam wird."

(RP)
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