Finanzmarkt Weltweit fast 2400 Börsengänge in diesem Jahr

Düsseldorf · In diesem Jahr gab es 30 Neuemissionen deutscher Unternehmen. Die größte war der Vodafone-Ableger Vantage Towers mit Sitz in Düsseldorf. Weltweit verzeichnen die Chinesen die meisten Börsengänge.

                

               

Foto: dpa/Frank Rumpenhorst

Von Cheplapharm haben vermutlich viele noch nie gehört. Von Ottobock vielleicht auch noch nicht. Aber von Stepstone womöglich, das im Zweifel aus der Werbung bekannt ist. Was – in der Reihenfolge ihrer Erwähnung – den Pharmakonzern aus Greifswald, den Prothesenanbieter aus dem niedersächsischen Duderstadt und die Düsseldorfer Online-Jobplattform aus dem Hause Springer verbindet: Sie alle könnten im kommenden Jahr an die Börse gehen und dem Aktienmarkt den nächsten Höhenflug bescheren.

Das wären dann schon mal drei von bis zu 23 Börsen-Neulingen, die Martin Steinbach im nächsten Jahr in Deutschland für denkbar hält. Der Experte der Beratungsgesellschaft EY sieht das Umfeld für Neuemissionen gegenwärtig als „ausgesprochen gut“ an. „Das Interesse potenzieller Börsenkandidaten ist nach wie vor groß, so dass auch 2022 spannend werden dürfte“, sagt Steinbach. Und in Zeiten, in denen die ganze Welt über die fortschreitende Digitalisierung und deren Konsequenzen diskutiert, sind digitale Geschäftsmodelle natürlich auch bei Investoren gefragt. Ganz abgesehen davon, dass das aktuelle Zinsniveau ein Investment in Aktien aus Sicht vieler auch alternativlos macht. Große Trends neben der Digitalisierung bleiben vermutlich Gesundheit und in Zeiten fortschreitenden Klimawandels die Umwelt.

Die Börsen-Zeichen stehen also weiter auf Wachstum. Und das nach einem Jahr, das bei 30 Neulingen inmitten der Pandemie so viele Börsengänge deutscher Unternehmen gebracht hat wie zuletzt vor 14 Jahren. Weltweit wagten sogar 2388 Unter­nehmen den Gang an den Aktienmarkt und spülten auf diesem Weg zusammengerechnet 453 Milliarden Dollar (rund 400 Milliarden Euro) in die eigenen Kassen.

Den größten Anteil daran hatte die chinesische Wirtschaft mit insgesamt 593 Neulingen und einem Emissionsvolumen von 112 Milliarden Dollar; den größten Sprung machten die Europäer, bei denen sich die Zahl der Börsengänge auf 485 weit mehr als verdoppelte und sich das Emissionsvolumen auf 81 Milliarden Dollar verdreifachte. Größter Neustart auf unserem Kontinent: die polnische Inpost (3,9 Milliarden Dollar) vor der schwedischen Volvo Car (2,7 Milliarden Dollar) und Vantage Towers, der deutschen Nummer eins.

Die Zahl der Neuemissionen ist 2021 weltweit auf ein Niveau gestiegen, das es in diesem Jahrtausend vorher noch nicht gegeben hat. Das Plus gegenüber dem Vorjahr beträgt 64 Prozent, das Emissionsvolumen wuchs gar um 67 Prozent. Wobei die letzten drei Monate des zu Ende gehenden Jahres nicht mehr ganz so stark ausfielen wie die Quartale zuvor: Insgesamt wagten zwischen Oktober und Dezember weltweit 621 Unternehmen den Sprung aufs Parkett (plus 16 Prozent) und erlösten 112 Milliarden Dollar (plus neun Prozent). Was die Deutschen angeht: Nicht alle haben sich an deutschen Märkten notieren lassen. 22 Börsengänge fanden an einheimischen Plätzen statt, acht Unternehmen nutzten Auslandsbörsen.

27 deutsche Kandidaten wählten übrigens den klassischen Weg, drei feierten ihr Debüt über den Zusammenschluss mit einer Mantelgesellschaft (Spac). Ein Phänomen, das aus den USA nach Deutschland gekommen ist. Spac steht für Special Purpose Acquisition Company, eine Mantelgesellschaft also, die zunächst Kapital über einen Börsengang einsammelt und damit dann später ein nicht börsennotiertes Unternehmen aufkauft und so durch die Hintertür an die Börse bringt.

In den USA machten Spacs im vergangenen Jahr bereits 50 Prozent aller Neumissionen aus, ungeachtet aller Diskussionen um mangelnde Transparenz. Privatanleger kaufen sozusagen die Katze im Sack, weil sie nicht wirklich beurteilen können, ob das Geschäftsmodell funktioniert und ob sich daher eine angepeilte Übernahme des tatsächlichen Börsenkandidaten für sie wirklich lohnt.

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