Kundenpflege in Davos Chefs von Bayer und Henkel beim Weltwirtschaftsgipfel

Davos/Düsseldorf · In turbulenten Zeiten trifft sich die Wirtschaftselite erstmals nach der Pandemie wieder zum Jahresstart. Der Kampf gegen den Klimawandel ist wichtiges Thema, während die Hilfsorganisation Oxfam Sondersteuern für reiche Konzerne will.

Beim Weltwirtschaftsforum in Davos werden die wichtigsten Zukunftstrends diskutiert.

Beim Weltwirtschaftsforum in Davos werden die wichtigsten Zukunftstrends diskutiert.

Foto: Westend61 / imago

Viele fliegen mit Privatjets oder Hubschraubern ein, einer macht es schlauer: Christian Klein, Vorstandschef von Deutschlands größtem Softwarehaus SAP, fährt zum Weltwirtschaftsforum in Davos mit dem Zug. Gut, aus Walldorf bei Heidelberg mag dies eine erträgliche Route in die Schweizer Berge sein, aber immerhin.

Zweimal fiel wegen Corona das bekannteste Treffen der globalen Wirtschafts- und Politikelite als reales Treffen aus, im vergangenen Sommer gab es eine verkleinerte Zusammenkunft, ab diesem Montag startet das reguläre Treffen wieder und die Welt ist eine andere geworden: Statt auf Multilateralismus setzen große Teile der westlichen Elite auf Waffenlieferungen, um den Ukraine-Krieg zu beenden. Obwohl Donald Trump nicht mehr US-Präsident ist, ist von einem neuen Siegeszug des Freihandels keine Rede. Und während sich bei den früheren Gipfeltreffen in den Alpen die Top-Leute der Konzerne die Klinke in die Hand gaben, ist die Anwesenheit nun etwas zurückhaltender: Die Metro-Chefs kamen früher immer wieder, dieses Jahr nicht. Lanxess-Leiter Matthias Zachert fehlt im Gegensatz zu früher, Thyssenkrupp-Chefin Martina Merz reist lieber nach Abu Dhabi wegen eines Wasserstoffdeals, während ihr Vor-Vorgänger Heinrich Hiesinger immer gerne nach Davos fuhr. Und während die CEOs der US-Technologieriesen in Davos einst enthusiastische Reden hielten, hagelt es nach dem Absturz der Technologie-Aktien Absagen wie von Tesla-Gründer Elon Musk.

Gleichzeitig nutzen viele Top-Manager der NRW-Wirtschaft das Meeting, für Kontaktpflege und um den Horizont zu erweitern. Von Bayer reisen Vorstandschef Werner Baumann und der Chef der Pflanzenschutzsparte, Rodrigo Santos, an. „Auch dieses Jahr geht es darum, mit wichtigen Entscheidungsträgern Lösungswege für die derzeit sehr vielen internationalen Herausforderungen zu diskutieren“, erklärt der Leverkusener Konzern.

Henkel-Chef Carsten Knobel nimmt Finanzvorstand Marco Swoboda mit und meint: „Ich erwarte mir in Davos ein Stimmungsbild der wirtschaftspolitischen Lage.“ Er würde viele Geschäftspartner und Kunden treffen, erläutert er, und auch viele Diskussionsrunden und Vorträge besuchen „vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen, wie Klimawandel, Energieversorgung und den geopolitischen Themen.“

Ab Mai übernimmt Tobias Meyer bei der Post das Kommando  – um ihm in Davos nicht die Show zu stehlen, bleibt Noch-Vorstandschef Frank Appel ausnahmsweise dem Treffen einmal fern. Außerdem mischen vom gelben Riesen die Vorstände Oscar de Bok (Supply-Chain) und Pablo Ciano (E-Commerce) mit.

Vom Düsseldorfer Maschinenbaukonzern Gea reist Vorstandsvorsitzender Stefan Klebert auch an, um sich über Ökoinitiativen zu informieren: „Das Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums findet vor dem Hintergrund des sich beschleunigenden Klimawandels und eines sich verlangsamenden Wirtschaftswachstums statt“, sagt er. Das mache das Treffen besonders wichtig: „Mehr denn je sind wir darauf angewiesen, weltweit Ideen auszutauschen und branchenübergreifend neue Lösungen zu erarbeiten – gerade um die Treibhausgasemissionen zu verringern.“

Auch wegen der Co2-Emmissionen bei der Anreise wird am Summit viel Kritik geübt. Die aus Mönchengladbach stammende und in New York lebende Beraterin Sandra Navidi kann das nicht nachvollziehen: „Je größer die Krisen, umso größer ist der Bedarf an Events, die Vordenker und Entscheider zusammenbringen.“

Werner Baumann 
  Foto: dpa

Werner Baumann Foto: dpa

Foto: dpa/Sascha Steinbach
Carsten Knobel 
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Carsten Knobel Foto: dpa

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Tatsächlich sind die Missstände riesig. Laut der Hilfsorganisation Oxfam verdoppelten in 2022 die 95 größten Energie- und Nahrungsmittelkonzerne ihre Gewinne, während jeder zehnte Mensch auf der Welt hungert. Laut Oxfam leben mindestens 1,7 Milliarden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Ländern, in denen die Inflation größer ist als die Lohnentwicklung. Konzerne mit Zusatzgewinnen sollten darauf eine Extra-Steuer von mindestens 50 Prozent zahlen, um Hilfsprogramme zu finanzieren, fordert Oxfam. Bisherige Planungen für Übergewinnsteuern gingen nicht weit genug.

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