Währung Darum trotzt der Euro zur Zeit allen Sorgen

Frankfurt/Main · Totgesagte leben länger: Noch vor wenigen Monaten wurde dem Euro ein Sturz in Regionen vorhergesagt, die er bislang nur kurz nach seiner Einführung erlebt hatte. Doch es kam anders.

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Foto: dpa, lof tba lof

Damals sackte er auf die Parität zum Dollar - also ein Tauschverhältnis eins zu eins - und sogar darunter. Doch selbst die Sorge vor einem möglichen Austritt Griechenlands aus der Währungsunion hat die Gemeinschaftswährung nicht dauerhaft geschwächt. Einige Fachleute ziehen den Vergleich zu einem Kunststoff, an dem fast alles abperlt, und sprechen von einer "Teflonwährung". Prallt am Euro wirklich alles ab?

Alles sicher nicht. Immerhin hat der Euro zum Dollar in den vergangenen zwölf Monaten stark an Wert verloren. Seit Mitte 2014 ging es zur amerikanischen Währung um 25 Prozent nach unten - von 1,40 Dollar bis auf 1,05 Dollar. Der wichtigste Grund: Die Devisenmärkte erwarteten eine Geldflut der Europäischen Zentralbank (EZB), während die US-Notenbank Fed bereits die Zügel anzog und ihre Anleihenkäufe schrittweise beendete.

Seit März kaufen die europäischen Währungshüter um ihren Chef Mario Draghi massenhaft Staatsanleihen, um sich gegen Wachstumsflaute und die schwache Inflation zu stemmen. Doch anders als von vielen Fachleuten erwartet, setzte das den Euro nicht weiter unter Druck - im Gegenteil: Die Gemeinschaftswährung hat zum Dollar wieder aufgewertet. Zurzeit kostet ein Euro rund 1,12 Dollar.

Europa kriegt die Kurve

Ein wichtiger Grund für die unerwartete Entwicklung liegt in Europa: Vieles spricht dafür, dass der Wirtschaftsriese die Kurve bekommen hat. Nach einer langen Durststrecke zieht die Konjunktur in den meisten der 19 Euroländer an. Im Winterquartal ist die Eurozone nicht nur stärker gewachsen als die weltgrößte Volkswirtschaft USA. Auch Großbritannien - in den vergangenen Jahren der Wachstumsstar unter den Industrieländern - wurde knapp übertrumpft. Ängste vor einer wachstumsschädlichen Deflation mit fallenden Verbraucherpreisen auf breiter Front sind vorerst passé.

Resultat der wirtschaftlichen Belebung: Die Marktzinsen steigen wieder, was Anlagen im Euroraum und die Gemeinschaftswährung attraktiver macht.

Auf der anderen Seite des Atlantiks läuft es seit Jahresbeginn schlechter. Im ersten Quartal ist die Wirtschaft der USA geschrumpft. Das liegt zwar auch an dem extrem kalten Winter und zahlreichen Streiks in wichtigen Verladehäfen an der amerikanischen Westküste. Doch der Konjunktureinbruch verunsichert die US-Notenbank. Ihre seit langem angekündigte Zinswende lässt deshalb immer noch auf sich warten.

Das hat Folgen für den Dollar: Er hat seinen steilen Anstieg zum Jahresstart abgebrochen. Die amerikanischen Notenbanker winken zwar immer noch mit einer ersten Zinsanhebung nach der Finanzkrise in diesem Jahr. In Stein gemeißelt ist dieser Kurs aber nicht.

Was passiert beim Grexit?

Wie geht es mit dem Euro weiter? Umstritten ist die Frage, ob ein Euro-Austritt Griechenlands die Gemeinschaftswährung dauerhaft belasten würde. Einige Fachleute sehen im Fall eines "Grexit" den Bestand der Währungsunion bedroht. Andere halten dagegen eine Stärkung des Euro-Verbunds für möglich, falls nicht allen Wünschen Athens nachgegeben wird. Weniger umstritten ist, dass der Euro - je nach Ausgang der Griechenlandkrise - zumindest kurzzeitig stark schwanken wird.

Allgemein wird erwartet: Je schneller und deutlicher die Federal Reserve die Zinsen anhebt, umso stärker dürfte der Dollar auf- und der Euro abwerten. Eine Einbahnstraße ist das aber nicht, denn ein starker Dollar verteuert amerikanische Produkte auf dem Wertmarkt und bremst die US-Wirtschaft. Entsprechend vorsichtig dürfte die Fed ihre Geldpolitik straffen. Die Devisenexperten der Commerzbank rechnen deshalb mit nur moderaten Verlusten des Euro, sobald in den USA die Zinsen steigen. Ein Rückfall auf oder gar unter die Paritätsgrenze scheint zunächst vom Tisch.

(dpa)
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