Wolfsburg VW überholt Toyota wieder

Wolfsburg · Der weltweite Absatz stieg auf 5,1 Millionen Stück, die Japaner schafften "nur" fünf Millionen. Doch der Umsatz bei VW schwächelt, der Gewinn bricht ein - und die Kernmarke Volkswagen verdient weiter operativ nur 400 Euro pro Wagen.

Der VW-Konzern hat die Folgen des Diesel-Skandals noch lange nicht überstanden. Und er profitiert zwar in wichtigen Märkten von einer guten Autokonjunktur, aber er ist weiter noch zu wenig profitabel. Dies ist das wichtigste Ergebnis der Halbjahresbilanz des wieder größten Autokonzerns der Welt.

Die Wolfsburger verkauften weltweit 5,1 Millionen Stück, 1,7 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Damit überholten sie auch den langjährigen Hauptrivalen Toyota aus Japan wieder. Aber der weltweite Automarkt legte in der gleichen Zeit von der Stückzahl her um drei Prozent zu - VW verliert also an Marktanteil. Gleichzeitig verlor der Konzern beim Umsatz fast ein Prozent und erwirtschaftete nur noch 3,6 Milliarden Euro an Gewinn statt 5,7 Milliarden Euro - zwei Milliarden Euro Abzüge für "Sondereinflüsse" verhageln die Zahlen.

Dabei läuft die Absatzmaschine je nach Region sehr verschieden: Den größten Schub nach vorne bringt China mit einem Plus von sieben Prozent auf fast 1,9 Millionen verkaufte Fahrzeuge - VW profitiert vom weiteren Wachstum des bevölkerungsreichsten Landes der Welt als dort wichtigster Autobauer.

Relativ gut schlagen sich auch alle europäischen Märkte mit einem Zuwachs von 1,9 Prozent auf 2,1 Millionen Stück. Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank scheint die Kauflust der Kunden anzuheizen, wovon VW trotz sinkendem Marktanteil stark profitiert. Und trotz Dieselgate legte VW im deutschen Heimatmarkt um 2,2 Prozent zu - die Kunden haben das Vertrauen in den Marktführer anscheinend noch nicht verloren.

In den USA sieht das Bild dagegen entgegengesetzt aus. Der Absatz rutschte um sieben Prozent auf nur noch 274.000 Stück in sechs Monaten. "Die Position in Nordamerika ist damit weiter geschwächt", warnt Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des Duisburger Zentrums für Automobilforschung CAR. "Die Kunden gerade in den USA werden weiter vorsichtig sein."

Die zweite große Herausforderung bleibt aber die zu niedrige Profitabilität der Kernmarke Volkswagen. Nur 400 Euro operativen Gewinn macht der Konzern mit einem verkauften Wagen, Toyota kommt auf mehr als 1000 Euro.

Noch schlimmer ist aber der Vergleich mit den Ergebnissen bei den anderen VW-Marken. Porsche macht knapp 15.600 Euro operatives Ergebnis für jeden der 117.0000 von Januar bis Juni abgesetzten Renner, Audi kommt auf 3300 Euro auf jedes der 799.000 verkauften Fahrzeuge, Skoda erreicht 1590 Euro für jedes der 431.000 Autos, obwohl diese ja meist viel günstiger als ein VW angeboten werden. "Würde der Konzern insgesamt zu den Kosten von Skoda produzieren, aber zu den Preisen von VW verkaufen, wäre er eine riesige Gewinnmaschine", sagt Experte Dudenhöffer, "so bleibt die Notwendigkeit, die Kosten weiter zu senken."

Wohin die Reise geht, zeigen diese Kennzahlen: Die Belegschaft in Deutschland sank leicht um 800 Kollegen auf 278.100 Beschäftigte - aber die produzierten rund 10.000 Wagen mehr. Anders formuliert. In hiesigen Fabriken steigt das Arbeitstempo etwas an, um speziell die VW-Wagen günstiger herzustellen. Jedes zweite in der Heimat gebaute Auto wird aktuell exportiert.

Neue Jobs gibt es aber nur im günstigen Ausland: Da hat VW in nur einem Jahr 4000 neue Leute eingestellt. Mehr Autos bauen die aber nicht - auch wegen der Krise in den USA und weil die Fabriken in Deutschland vorerst stärker ausgelastet werden sollen.

(RP)
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