Düsseldorf VW: Einigung in Kanada, Warten in USA

Düsseldorf · Das Jahr neigt sich dem Ende, doch der Diesel-Skandal beschäftigt noch immer Konzerne, Gerichte, Politik. Ein Überblick.

Was vor einem Jahr als Abgasskandal bei Volkswagen anfing, ist inzwischen zu einem Problem für die gesamte Auto-Industrie geworden: Geschönte Abgaswerte, manipulierte Motoren und eine Politik, die bei den Konzernen jahrelang Nachsicht walten ließ. Noch immer tobt die Debatte, wie man in Zukunft mit Diesel-Fahrzeugen umgehen sollte. Und VW ringt in den USA weiter um eine Lösung. Immerhin hat der Konzern einen Milliarden-Vergleich mit Sammelklägern in Kanada ausgehandelt. VW und Audi sollen für die Beilegung eines Rechtsstreits um manipulierte Abgastests bis zu 2,1 Milliarden kanadische Dollar (1,5 Milliarden Euro) an kanadische Autokäufer zahlen, wie die Wettbewerbsbehörde mitteilte. Die aktuellen Entwicklungen: Wird es bald in Innenstädten Fahrverbote für Diesel-Autos geben? Vom Tisch ist das Thema noch nicht. Das führt weiter zu Streit in der Bundesregierung. Das Umweltministerium will Kommunen per Gesetz erlauben, Plaketten auszugeben, so dass nur noch Fahrzeuge mit hinreichend umweltfreundlichen Diesel- oder Benzinmotoren in eine Verbotszone fahren dürfen. Ziel ist, die Luft in den Innenstädten zu verbessern, denn die EU-Kommission hat bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Das Land tue zu wenig dafür, die Grenzwerte bei Stickoxiden einzuhalten. In rund 80 Städten werden die Grenzwerte immer wieder überschritten. Das Verkehrsministerium ist gegen die Pläne. Ein Sprecher sagte, es gebe für Städte bereits die Möglichkeit, Fahrverbote zu verhängen..

Hat nur Deutschland gegen die EU-Vorgaben verstoßen? Nein. Nach Ansicht des EU-Parlaments haben mehrere Staaten trotz besseren Wissens die Einführung strengerer Abgasvorschriften hinausgezögert. So hätten etwa Spanien, Frankreich und Italien die Regeln nicht einführen wollen, obwohl es bereits Hinweise darauf gegeben habe, dass Grenzwerte überschritten würden, hieß es in dem Entwurf für den Abschlussbericht des EU-Parlaments zum VW-Skandal. In dem Entwurf wird als Konsequenz aus dem Abgasskandal unter anderem vorgeschlagen, einen einzelnen EU-Kommissar mit der Kontrolle der Luftqualität und den Auslösern von Luftverschmutzung zu betrauen.

Warum konnten diese vermeintlichen Versäumnisse so lange verschleppt werden? Aus Sicht der Berichterstatter des Untersuchungs-Ausschusses hat auch die Brüsseler Politik zu lange die Augen verschlossen. So habe die EU-Kommission lange Zeit nicht geprüft, ob die Staaten ihrer Aufsichtspflicht nachkämen. Zudem seien ihr starke Abweichungen zwischen Testergebnissen im Labor und auf der Straße seit mindestens 2004 oder 2005 bekannt gewesen. Die Entwicklung von Vorgaben für realistischere Testverfahren habe viel zu lange gedauert - auch, weil die EU-Kommission der Industrie nach der Finanzkrise 2008 keine zusätzlichen Lasten habe auferlegen wollen.

Welche Strafen erwarten die Konzerne in den USA? VW hatte zuletzt bereits einen milliardenschweren Vergleich mit den US-Behörden ausgehandelt. Eine Einigung bei den Drei-Liter-Motoren, die von Konzerntochter Audi entwickelt wurden, steht allerdings weiter aus. Gestern verschob der zuständige Richter eine Anhörung um einen Tag.

Autozulieferer Bosch will unterdessen Klagen wegen einer möglichen Verwicklung in den VW-Abgasskandal in den USA mit einem außergerichtlichen Vergleich aus der Welt schaffen. Dazu sei das Unternehmen zur Zahlung von mehr als 300 Millionen Dollar bereit, sagte eine mit den Beratungen vertraute Person. Bosch hatte Volkswagen die Software geliefert, die in Dieselfahrzeugen des Wolfsburger Autobauers so manipuliert wurde, dass die Autos nur auf dem Prüfstand die Stickoxid-Grenzwerte einhielten.

(frin)
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