Wolfsburg VW-Abgasproblem schon 2014 Thema für Winterkorn
Wolfsburg · Der ehemalige VW-Chef Martin Winterkorn hat offenbar rund eineinhalb Jahre vor dem Auffliegen der Diesel-Affäre eine technische Einschätzung zu den auffälligen Abgasproblemen angefordert. Das berichtete die "Bild am Sonntag" unter Berufung auf eine angebliche Aussage Winterkorns bei der Befragung durch die US-Anwälte von Jones Day, die in der Diesel-Betrugsaffäre im Auftrag des Konzerns ermitteln. VW wollte sich gestern zu den angeblichen Ergebnissen nicht äußern und verwies auf den für April angekündigten Zwischenbericht von Jones Day.
Laut "Bild am Sonntag" las Winterkorn im Mai 2014 einen Hinweis auf die Unregelmäßigkeiten und bat seine Techniker um Erklärung. Die hätten ihm versichert, das Problem sei lösbar. Demnach wurde die Wurzel des Skandals schon im Frühling 2014 zu einem Vorgang für den Vorstandschef. Der Konzern hatte hierzu am Mittwoch nur mitgeteilt, dass "nicht dokumentiert" sei, ob und inwieweit Winterkorn die Notiz zur Kenntnis genommen habe. Weiter unklar bleibt aber, ob er das Thema schon damals anders hätte einschätzen müssen. Winterkorn soll den Ermittlern gesagt haben, er habe seine Sorgfaltspflicht nicht verletzt. Die eigenen Techniker hätten die interne Aufklärung zur Dimension des Abgas-Skandals erschwert, schreibt VW in einer Erwiderung auf Anlegerklagen.
Winterkorns Handeln ist auch relevant für die Frage, ob VW die Finanzwelt zu spät über das Ausmaß der Probleme informierte. VW meint, "die kapitalmarktrechtlichen Anforderungen vollumfänglich erfüllt zu haben". In der Kritik stehen auch Winterkorns Nachfolger Matthias Müller und Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch. In einer Sitzung des Vorstandes sei Pötsch am 8. September 2015 über die Betrugssoftware informiert worden, heißt es. Börsennotierte Unternehmen müssen kursrelevante Informationen ad hoc veröffentlichen. Dazu habe Pötsch in der Sitzung geschwiegen und nicht vor möglichen Folgen gewarnt. Erst am 20. September ging VW an die Öffentlichkeit.