Vonovia und Deutsche Wohnen Fusion der Wohnungsriesen erneut geplatzt

Bochum/Berlin · Die Bochumer Vonovia scheitert wieder mit dem Versuch, die Deutsche Wohnen zu übernehmen. Aber aufgeben will sie noch nicht. Aus Sicht des größten deutschen Wohnungskonzerns gibt es mehrere Optionen.

                 

                

Foto: dpa/Bernd Thissen

Noch vor acht Wochen bahnte sich in der deutschen Wohnungswirtschaft ein Zusammenschluss an, der den größten Anbieter in Europa hervorgebracht hätte. Mehr als 550.000 Wohnungen im Gesamtwert von rund 90 Milliarden Euro sollte der Konzern haben, der per mehrheitlicher Übernahme der Deutsche Wohnen durch den Bochumer Konkurrenten Vonovia entstanden wäre. Doch der Traum von der Fusion zweier Dax-Konzerne ist ausgeträumt, zumindest vorerst. Denn die Vonovia ist mit ihrem Versuch, mehr als 50 Prozent der Deutsche Wohnen zu übernehmen, gescheitert.

Nach dem Ende der Annahmefrist für das öffentliche Übernahmeangebot am Mittwochabend sind Vonovia nur etwa 47,6 Prozent der Deutsche-Wohnen-Aktien angedient worden, wie es im Börsendeutsch heißt. Damit sei „eine wesentliche Vollzugsbedingung des Angebots voraussichtlich nicht erfüllt worden“, teilte der größte deutsche Wohnungskonzern am Freitagabend mit. Das endgültige Ergebnis der Auszählung will Vonovia voraussichtlich am Montag veröffentlichen.

Wesentliche Teile der Deutsche-­Wohnen-Aktionäre seien aktuell Hedgefonds und Indexfonds, die erst handeln dürften, wenn die Mindestannahmequote erreicht sei und alle Vollzugsbedingungen erfüllt seien, erklärte Vonovia zur Begründung für das Scheitern des Deals. Gemeint ist damit beispielsweise, dass Manager von Indexfonds, die ihr Portfolio an der Zusammensetzung eines Index ausrichten, sich erst dann entscheiden, wenn klar ist, wie der Index, in diesem Fall der Dax, künftig aussehen wird. Bei den Hedgefonds war es aber offensichtlich auch so, dass sie noch Deutsche-Wohnen-­Aktien gekauft haben, als das Übernahmeangebot von Vonovia schon lief – in der Hoffnung, dass sie später einen höheren Preis herausschlagen und so an dem Deal verdienen könnten.

Vonovia-Chef Rolf Buch reagierte enttäuscht auf das Scheitern der Übernahmepläne: „Wir haben für unseren Vorschlag, die Deutsche Wohnen mit Vonovia zusammenzulegen, breite Unterstützung erfahren. Ein Zusammenschluss beider Unternehmen macht sowohl wirtschaftlich wie gesellschaftspolitisch viel Sinn, um die großen Herausforderungen am Wohnungsmarkt kraftvoller angehen zu können. Leider haben die jetzigen Aktionäre der Deutsche Wohnen ihre Anteile nicht ausreichend eingeliefert.“

Vonovia sei weiterhin der Auffassung, dass ein Zusammenschluss strategisch sinnvoll sei und Mehrwert für die Aktionäre beider Unternehmen schaffe, teilte Vonovia mit. Das Unternehmen will nun ein erneutes öffentliches Angebot, den Kauf weiterer Anteile von anderen Aktionären oder den Verkauf des eigenen Deutsche-Wohnen-Pakets prüfen, wie Buch sagte.

Für den Fall eines Zusammenschlusses hatten Vonovia und die in der Bundeshauptstadt stark vertretene Deutsche Wohnen (sie hält dort allein 110.000 ihrer 157.000 Wohnungen) dem Land Berlin eine Begrenzung der Mieterhöhungen zugesagt, neue Wohnungen in Berlin vor allem für junge Familien in Aussicht gestellt und das Angebot zur Übertragung von Wohnungen aus dem Bestand zum Ausbau des kommunalen Wohnungsbestands vorgeschlagen. Von 20.000 Wohnungen war damals die Rede gewesen. Über diese Angebote will Buch mit dem Land Berlin auch ohne den erhofften Bündnispartner an seiner Seite verhandeln.

Mit dem jetzigen Scheitern wird vorläufig die Hoffnung auf ein Zusammengehen der beiden Wohnungskonzerne zum zweiten Mal zerstört. Vor fünf Jahren hatten allerdings nicht einmal der Vorstand und der Aufsichtsrat der Deutsche Wohnen das Angebot aus dem Ruhrgebiet angenommen. Das war diesmal anders. Die Börse reagierte am Freitagabend negativ auf die Nachricht: Die Vonovia-Aktie verlor knapp drei Prozent; die Deutsche Wohnen fiel zwischenzeitlich auf 50 Euro zurück, erholte sich dann aber wieder leicht. Vonovias Angebot hatte bei 18 Milliarden Euro gelegen, das hatte seinerzeit einem Preis von 53,03 Euro je Aktie entsprochen.

Einen positiven Effekt hat das Ganze zunächst für die Belegschaften beider Unternehmen. Die Konzerne wollten nämlich nach der Übernahme Synergien in Höhe von 105 Millionen Euro pro Jahr heben. Dass das auch durch die Einsparung von Personalkosten beispielsweise in der Verwaltung gehen sollte, lag auf der Hand. Aber bis 2023 sind betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Also hätten die Personalchefs zunächst versuchen müssen, Mitarbeiter zum freiwilligen Ausscheiden zu bewegen – über Wege wie Vorruhestand, Abfindungen und andere Angebote. Das ist nun vom Tisch. Zumindest vorerst.

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