London/Düsseldorf Vodafone will den USA-Ableger abgeben

London/Düsseldorf · Der Verkauf könnte 130 Milliarden Dollar bringen. Der Geld würde helfen, in Europa zu expandieren.

Der größte Mobilfunkkonzern der westlichen Welt, Vodafone, versucht erneut den Ausstieg aus dem US-Markt. Der Londoner Vorstand will seinen Minderheitsanteil von 45 Prozent am größten Mobilfunkkonzern der USA, Verizon Wireless, für geschätzte 130 Milliarden Dollar (knapp 100 Milliarden Euro) verkaufen. Vodafone bestätigte gestern entsprechende Gespräche – die Aktie sprang um zeitweise neun Prozent hoch.

Ein Hintergrund der Pläne ist die strategische Umorientierung von Vodafone, die vom Düsseldorfer Ableger Vodafone-Deutschland mit angeführt wird. Das reine Mobilfunkgeschäft spielt eine immer geringere Rolle, neues Wachstum soll das Zusammenführen von Mobilfunk- und Festnetz bringen.

Zu diesem Zweck erwirbt Vodafone-Deutschland im Moment für knapp elf Milliarden Euro Deutschlands größten Kabel-TV-Anbieter Kabel-Deutschland (KD). "Wir wollen uns künftig noch stärker als Komplettanbieter positionieren", erklärt Jens Schulte-Bockum, Deutschland-Statthalter des Konzerns. Man wolle künftig mit einem "überlegenen Festnetzangebot" von TV, Internet und Mobilfunk gegen die Telekom antreten. Und da Vodafone ähnliche Schritte in anderen Ländern Europas plant, braucht der Konzern viel Geld für Zukäufe von Kabelnetz- und Festnetzfirmen.

Der zweite Grund der Pläne ist die unbefriedigende Lage als Minderheitspartner bei Verizon Wireless. Vodafone hat bei der Führung des Unternehmens praktisch nichts zu sagen, die Marke Vodafone spielt in den USA keinerlei Rolle, und es gibt dauerhaft Streit.

Da käme es für Vodafone-Weltchef Vittorio Colao äußerst gelegen, wenn er nun endlich in den USA Kasse machen kann. Mit 100 Milliarden Euro wäre es der dritthöchste Preis bei einer Firmenübernahme der Wirtschaftsgeschichte bisher – der Weltkonzern Vodafone selbst war gestern an der Börse "nur" 129 Milliarden Euro wert.

Ob die Verhandlungen erfolgreich enden, soll bereits nächste Woche entschieden sein, berichten verschiedene Quellen – als möglicher Stichtag wird der nächste Montag genannt. Dann würde Colao also mit Verizon am Wochenende das Geschäft bis zur Unterschrift aushandeln, zum Börsenstart am Montag früh in Europa würde man hoffen, fertig zu sein.

Aber Colao will hart pokern. Nach Ansicht von Tom Gidley-Kitchin, Analyst bei der britischen Bank Charles Stanley, war offensichtlich, dass Verizon früher oder später einen ernsthaften Annäherungsversuch startet. "Vodafone muss nicht verkaufen, sondern kann abwarten." Denn das Verkaufsobjekt ist attraktiv: Mit 100 Millionen Kunden schlägt Verizon Wireless in den USA jeden Wettbewerber.

Vodafone hat weltweit 404 Millionen Kunden – häufig allerdings in ärmeren Ländern.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort