Düsseldorf Verwahrentgelt bei Girokonten – erlaubt?

Düsseldorf · Das Landgericht Düsseldorf hat diese Praxis der Volksbank Rhein-Lippe untersagt. Damit hat zum zweiten Mal ein Gericht gegen ein Geldhaus entschieden. Die Volksbank hat Berufung eingelegt.

                  

                 

Foto: VisualVest

Am Ende – das scheint heute schon sicher – werden auch die Negativzinsen ein Fall für den Bundesgerichtshof werden. Jedes Mal, wenn eine Kammer ein Urteil pro Bank oder pro Kunde fällt, kann man so gut wie sicher sein, dass eine oder gar beide Seiten in Berufung gehen. Genau so ist es auch beim jüngsten Fall gewesen, der in der Region spielt. Das Landgericht Düsseldorf hat das Verwahrentgelt der Volksbank Rhein-Lippe für Beträge auf Girokonten, die 10.000 Euro übersteigen, für unzulässig erklärt.

Tenor der Begründung: Der Kunde werde unangemessen benachteiligt, die Geldverwahrung sei fester Bestandteil eines Girokontos, für das die Bank eine Kontoführungsgebühr berechne. Der Kunde werde somit doppelt zur Kasse gebeten, wenn er auch noch das Verwahrentgelt zahlen müsse. Das sei nicht zulässig. Geklagt hat der Bundesverband der Verbraucherzentralen, der den Richterspruch natürlich als Erfolg wertet und zugleich eine Fortsetzung ankündigt: „Wir wollen die Rechtslage grundsätzlich klären lassen und haben deshalb mehrere Banken an unterschiedlichen Gerichtsstandorten verklagt“, kündigte Rechtsreferent David Bode an.

So weit der Stand eines juristischen Verfahrens, aus dem sich aber gleich noch eine andere Fragestellung ergibt: Sind Verwahrentgelte auf Girokonten-Guthaben unzulässig, weil schon eine Kontoführungsgebühr erhoben wird? Und heißt das dann, dass bei den selten gewordenen gebührenfreien Girokonten das Verwahrentgelt erhoben werden darf? Der Leverkusener Anwalt Guido Lenné hat dazu eine klare Meinung: „Ein Verwahrentgelt funktioniert nicht, weil die Verwahrung des Geldes keine Hauptleistung der Bank ist.“ Daher könne es auch keine separate Bepreisung geben.

Ein Argument, das Ende des vergangenen Jahres bereits das Landgericht Berlin vertreten hat. In der Hauptstadt ging es um die Sparda-Bank Berlin, dem das Gericht das Recht auf ein Verwahrentgelt mit der Begründung versagte, das Verwahren von Einlagen auf dem Girokonto stelle keine Sonderleistung dar, für die ein Geldhaus Gebühren verlangen könne (Az.: 16 O 43/21) – unabhängig davon, ob es sich um ein Gratiskonto handle oder nicht.

Abseits der juristischen Diskussion ist das Ganze bei den Girokonten vermutlich praktisch von untergeordneter Bedeutung, selbst wenn immer mehr Menschen ihr Erspartes auf Girokonten parken. Am Beispiel der Volksbank Rhein-Lippe lässt sich das plastisch zeigen: Damit dort zehn Euro Verwahrentgelt auf das Giro-Guthaben fällig würden, müssten im Durchschnitt des Jahres 12.000 Euro auf dem Konto sein (0,5 Prozent des über 10.000 Euro hinausgehenden Betrages). „Dafür klagt niemand“, glaubt Anwalt Lenné. Viel spannender werde das Thema deshalb bei Sparkonten, auf denen mitunter über einen langen Zeitraum höhere Beträge, beispielsweise 100.000 Euro, aufbewahrt werden und bei denen die jeweilige Bank oder Sparkasse je nach Zinssatz mehrere Hundert Euro im Jahr verlangt.

Noch interessanter wird‘s dann mit Blick auf die betroffene Klientel. Sind nur Neukunden betroffen oder auch Bestandskunden? Immerhin hat das Landgericht Leipzig schon mal entschieden, dass Verwahrentgelte auf Girokonten generell zulässig sind, wenn sie mit Neukunden so vereinbart worden seien (Az.: 05 O 640/20, 5 O 640/20). Das geht dann relativ einfach über den Preisaushang. Aber bei Bestandskunden müssen die Institute eine individuelle Vereinbarung treffen, der die Kunden und Kundinnen zustimmen müssen. Tun sie das nicht, droht ihnen mitunter die Kündigung. Der Rat von Anwalt Lenné lautet: „Keine Vereinbarung unterschreiben. Damit beraubt man sich womöglich selbst eines Rückzahlungsanspruchs.“

Apropos Anspruch: Gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf haben beide Seiten Berufung eingelegt. Die Volksbank aus nachvollziehbaren Gründen, die Verbraucherschützer, weil das Gericht aus formellen Gründen einen Beseitigungsanspruch abgelehnt hat, den der Verband geltend gemacht hat. Dann hätte die Volksbank grundsätzlich zu viel verlangtes Geld zurückerstatten müssen. Das müsste nun im Einzelfall geprüft werden.

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