Vereine und Stiftungen in NRW Der Non-Profit-Sektor will digitaler werden

Düsseldorf · Die Pandemie hat Vereine, Stiftungen und andere gemeinnützige Organisationen schwer getroffen. Digitale Technologien helfen, die Corona-Krise zu überstehen. Daher werden Rufe nach politischer Förderung laut.

 Experten fordern die Politik auf, die Digitalisierung von gemeinnützigen Organisationen zu fördern. Eine Voraussetzung dafür ist schnelles Internet (Symbolbild).

Experten fordern die Politik auf, die Digitalisierung von gemeinnützigen Organisationen zu fördern. Eine Voraussetzung dafür ist schnelles Internet (Symbolbild).

Foto: dpa/Daniel Reinhardt

Vereine, Stiftungen und andere gemeinnützige Organisationen kämpfen ums Überleben. Die Folgen der Corona-Pandemie verhindern oder erschweren es ihnen, Spenden, Förderer oder Mitglieder zu akquirieren. Das Sozialförderunternehmen „Haus des Stiftens“ geht davon aus, dass viele vor dem Aus stehen, wenn es zu einem zweiten Lockdown kommt. Das gilt auch für NRW, wo ein Fünftel aller gemeinnützigen Organisationen in Deutschland sitzen.

„Corona hat gezeigt, dass die breite Masse der Organisationen nicht so organisiert ist, um systematisch einen Spendenaufruf zu starten oder ein Förderprogramm zu initiieren“, sagt Clemens Frede, Geschäftsleiter vom Haus des Stiftens. Während der Pandemie seien dafür vor allem digitale Technologien wichtig. Die These dahinter: Je digitaler eine Organisation ist, desto größer ist die Chance, Zugang zu Ressourcen wie Spenden oder Mitglieder zu bekommen – und desto besser kommt sie auch durch die Corona-Krise.

Dass es sich derzeit für gemeinnützige Organisationen lohnt, auf digitale Hilfe zu setzen, zeigen Beispiele aus NRW. „Digitale Technologien sind für uns in der Corona-Krise existentiell“, sagt Agnes Rottland, Geschäftsführerin vom Verein zur Förderung von Landesjugendensembles NRW (LJE). Mit ihnen gelinge es während der Pandemie am besten, „die Fahne hochzuhalten“. Der LJE setzt vor allem auf soziale Medien, wo Videos von Musikern übertragen werden. So ist es möglich, dass Werke von ganzen Kammerensembles gezeigt werden. Mittlerweile sind Proben und Auftritte unter gewissen Hygienestandards wieder möglich. Orchester und Ensembles touren im Herbst durch NRW. Ein Aus für den digitalen Auftritt bedeutet das aber nicht. „Es hat sich bewährt, wir werden es weiterhin nutzen“, sagt Rottland.

Auch der Fußballverein TC Freisenbruch aus Essen schwört auf digitale Technologien. Das Virus hat den sportlichen Betrieb vor große Probleme gestellt, Spiele und Training waren nicht möglich. Der Verein etablierte Videokonferenzen, um mit Verantwortlichen, Trainer und Teams in Kontakt zu bleiben. „Wir mussten uns absprechen, wie wir mit dem Virus umgehen und unsere Mitglieder informieren“, sagt Vorstandsmitglied Jochen Witter. Digitale Methoden seien dafür ein „willkommener Weg“ gewesen – und noch mehr: „Ich bin überzeugt, dass uns die digitalen Techniken durch die Corona-Krise geholfen haben.“

Prunkstück des Vereins ist eine Plattform, mit der Fans seit der Saison 2016/17 die Geschicke der 1. Mannschaft online und für den Verein bindend steuern können – von der Aufstellung, über den Trainer bis zum Bierpreis. „In Zeiten, in denen man sich nicht persönlich gegenüberstehen kann, kann man so in Kontakt bleiben“, sagt der sportliche Leiter Peter Schäfer.

Obwohl der Trend seit dem Ausbruch des Coronavirus bereits dahin geht, zum Beispiel mit einer virtuellen Mitgliederversammlung häufiger als vorher mobil oder digital zu arbeiten, gibt es noch Nachholbedarf: In NRW bieten laut einer Erhebung vom Haus des Stiftens zum Beispiel nur 16 Prozent der Organisationen digitale Angebote für Kunden an – einen virtuellen Besuch im Museum oder ein Livestream aus dem Theater. „Der Nachholbedarf beim Zugang zu technischen Lösungen ist immens groß“, sagt Frede. „Doch viele Organisationen investieren nicht, weil sie keine Eigenmittel haben.“

Deshalb fordert Frede, dass gemeinnützige Organisationen beim digitalen Ausbau Unterstützung von der Politik bekommen. „Die Zivilgesellschaft kümmert sich um viele soziale Themen, die der Staat selber nicht machen will“, sagt er. „Deshalb braucht auch sie Zugang zu digitalen Fördermaßnahmen.“ Die Situation durch das Coronavirus eröffne die Chance auf nachhaltigen digitalen Wandel und der Non-Profit-Sektor brauche einen Digitalisierungsschub. Die Politik müsse diesen wichtigen Sektor jetzt unterstützen, durch Digitalisierungsmaßnahmen mehr soziale Wirkung zu entfalten.

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