Gewerkschaft Verdi Feldzug gegen mehr verkaufsoffene Sonntage

Düsseldorf · Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi wehrt sich massiv gegen die Aufweichung der Sonntagsruhe. Die wird gerade von der künftigen NRW-Regierung vorangetrieben. Experten zweifeln indes an der Wirtschaftlichkeit von Sonntagsöffnungen.

 Verkaufsoffener Sonntag in Düsseldorf

Verkaufsoffener Sonntag in Düsseldorf

Foto: andreas endermann

In ihrem Koalitionsvertrag bricht die neue schwarz-gelbe Regierung von NRW eine Lanze für den Einzelhandel. Um diesen im härteren Konkurrenzkampf mit Online-Anbietern zu stärken, wollen die Koalitionäre die Sonntagsruhe weiter aufweichen. Konkret plant Schwarz-Gelb, das Ladenöffnungsgesetz zu reformieren. Künftig soll es Gemeinden erlaubt sein, bis zu acht verkaufsoffene Sonntage zu bestimmen. Derzeit sind es nur vier.

"Die Festsetzung erfolgt für das gesamte Gemeindegebiet oder für bestimmte Bezirke beziehungsweise Ortsteile sowie für den Zeitraum ab 13 Uhr", heißt es im Koalitionsvertrag. Die Freigabe dürfe höchstens einen Adventssonntag umfassen, ausgenommen seien der Erste und Zweite Weihnachtstag, Ostersonntag, Pfingstsonntag und die stillen Feiertage - also Volkstrauertag, Allerheiligen, Totensonntag und Karfreitag. Innerhalb einer Gemeinde dürfen nicht mehr als 16 Sonn- und Feiertage je Kalenderjahr freigegeben werden, derzeit sind noch 13 gestattet.

Die Pläne der künftigen Regierung sorgen bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi für großen Unmut. Stefanie Nutzenberger, Mitglied des Verdi-Bundesvorstands und zuständig für den Handel, bezeichnet im Gespräch mit unserer Redaktion die Sonntagsruhe als "hohes gesellschaftliches Gut": "Es gibt dazu eine klare Rechtsprechung. An die muss sich auch eine schwarz-gelbe Landesregierung halten. Sie kann gesellschaftliche und Beschäftigteninteressen nicht einfach mit Füßen treten." Gegen die Aushöhlung des Sonntagsschutzes und die Ausweitung der Sonntagsarbeit würden sich Gewerkschaften zusammen mit Kirchen wehren und gemeinsam dagegen vorgehen.

Schon jetzt gibt es zahlreiche Klagen, die die Gewerkschaft gegen verkaufsoffene Sonntage eingereicht hat. Dabei müssen die Richter die Frage klären, ob es einen besonderen Anlass für eine Sonntagsöffnung gibt und diese Veranstaltung ein größerer Besuchermagnet ist als die Ladenöffnung selbst. "Es geht uns nicht um das Klagen nur um des Klagens willen", hatte Nutzenberger die Verdi-Strategie bereits Anfang April verteidigt. Die Kommunen hätten auch eine Aufsichtspflicht.

Verdis Strategie zeigt inzwischen offenbar Wirkung: Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland, Stefan Genth, wies darauf hin, dass - trotz bestehender Regelungen zu Sonntagsöffnungen - die Klagen eine Öffnung der Läden zu diesen Terminen "de facto" derzeit unmöglich machten. "Das schadet unseren Unternehmen, den Mitarbeitern und den Innenstädten, die mit rückläufigen Besucherfrequenzen kämpfen."

Von einer möglichen Freigabe der Sonntagsöffnung würden nach Experten-Meinung vor allem große Handelsunternehmen profitieren. "Kleine Händler könnten die größten Probleme bekommen", sagte der Geschäftsführer des Kölner Handelsforschungsinstituts IFH, Kai Hudetz. Nicht ohne Grund sei der Anstoß zu einer neuerlichen Debatte über eine Freigabe der Sonntagsöffnung von den großen Kauf- und Warenhäusern gekommen. Auch wenn es zu einer Freigabe käme, würden sich nach Einschätzung von Hudetz längst nicht alle Einzelhändler an einer solchen Initiative beteiligen. Für viele Läden vor allem in den Vororten sei eine Sonntagsöffnung schlicht nicht wirtschaftlich. Der gesamtwirtschaftliche Effekt einer Öffnung am Sonntag werde zudem überschätzt. "Die Frage ist, kommt der an Online verloren gegangene Umsatz zurück? Ich fürchte, in vielen Fällen ist das nicht der Fall", sagt der Experte.

(maxi)
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