Streik der Pflegekräfte Verdi-Chef Bsirske kritisiert Uniklinik Düsseldorf

Düsseldorf · Frank Bsirske wirft der Leitung vor, sie habe der Gewerkschaft „den Stuhl vor die Tür gestellt“, weil sie einen Tarifvertrag kategorisch ablehnt. Die Klinik sagt, sie dürfe gar keine eigenen Tarifverhandlungen führen.

Verdi-Chef Frank Bsirske.

Verdi-Chef Frank Bsirske.

Foto: dpa, kes kde exa

In der Tarifauseinandersetzung um eine Aufstockung des Pflegepersonals an der Uniklinik Düsseldorf hat Verdi-Chef Frank Bsirske harsche Kritik an den Arbeitgebern geübt. Die Klinikleitung und die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) hatte am Dienstag zwar einer Aufstockung des Personals um 100 Stellen zugestimmt, wollte diese jedoch per Dienstvereinbarung fixieren. Verdi pocht dagegen auf einen Tarifvertrag.

Bsirske sagte, TdL und Klinikleitung hätten ein Papier vorgelegt, in dem Verdi als Vertragspartner gar nicht mehr vorgekommen sei: „Die haben uns faktisch den Stuhl vor die Tür gestellt. Damit eskalieren sie den Streit“, sagte er.

Die Uniklinik erklärte auf Anfrage, sie dürfe als Mitglied der TdL gar keine eigenen Tarifverträge aushandeln. Das sei Vertretern der Gewerkschaft so mitgeteilt worden. Auch aus einem Schreiben des Berliner Finanzsenators und TdL-Vorsitzenden, Matthias Kollatz-Ahnen (SPD), an den Verdi-Chef vom 3. Juli geht hervor, dass es für solche Tarifverhandlungen zwischen einer einzelnen Uniklinik und der Gewerkschaft einer Zustimmung der TdL-Mitgliederversammlung bedürfe – diese sei jedoch nicht erteilt worden „und es ist auch zukünftig nicht mit einer Zustimmung zu rechnen“, schreibt der SPD-Politiker.

 Streikende an der Uniklinik Düsseldorf.

Streikende an der Uniklinik Düsseldorf.

Foto: Nicole Lange

Dass Verdi so stark auf einen Tarifvertrag pocht, begründet Bsirske unter anderem mit rechtlichen Fragestellungen: „Wie steht es um die Rechtmäßigkeit der Streiks? Wie steht es um die Möglichkeiten der Regressforderungen von Patienten und Klinikseite?“ Juristen haben jedoch Zweifel, dass die genannten Risiken tatsächlich existieren: „Entscheidend für die Rechtmäßigkeit eines Streiks ist dessen Zielrichtung, nicht das Ergebnis“, sagt Jacob Joussen, Arbeitsrechtsprofessor an der Ruhr-Uni Bochum. „Verdi hat versucht, an der Uniklinik Düsseldorf einen Tarifvertrag per Arbeitskampf durchzusetzen. Nur weil die Arbeitgeber am Ende eine Betriebsvereinbarung statt eines Tarifvertrags vorgelegt haben, muss die Gewerkschaft nicht fürchten, dass der Streik nachträglich für unrechtmäßig erklärt wird und sie in Regress genommen werden könnte.“

Verdi-Chef Bsirske lässt indes keinen Zweifel an der Entschlossenheit der Streikenden. Er nannte das vorgehen der Klinikleitung „eine bewusste Provokation vonseiten der Arbeitgeber“. Ein solch aggressiver Akt könne nach Lage der Dinge nur in der Eskalation enden. „Die Klinikleitung sollte sich keinen Illusionen hingeben: Dieser Streik wird mit einem Erfolg der Streikenden enden. Unsere Leute haben nach jahrelangem, stillem Ertragen die Nase gestrichen voll und wollen die Überlastung nicht länger hinnehmen. An Stelle der Uniklinik würde ich das sehr ernst nehmen.“

Hinzu komme, dass es kein Finanzierungsproblem gebe, so Bsirkse: „Die Koalitionsvereinbarung sieht so aus, dass kostensteigernde Tarifwirkungen rückwirkend ab 2018 zu 100 Prozent refinanziert werden. Die bleiben gar nicht auf Kosten sitzen.“ Zudem verwies er auf einen Referenztarifvertrag, der im Frühjahr in Baden-Württemberg geschlossen wurde. Dort hatten sich mehrere Unikliniken zu einem eigenen Arbeitgeberverband zusammengeschlossen und sich auf 120 zusätzliche Stellen, einen Springer-Pool und die Regelung geeinigt, dass nachts keine Pfleger mehr allein Dienst tun müssen. Es sei unerklärlich, dass das nicht in Düsseldorf gehen solle, so Bsirske. Die Uniklinik erklärte, die vorgelegte Dienstvereinbarung gehe sogar über das Baden-Württemberger Modell hinaus.

Beide Seiten hatten sich am 12. Juli darauf geeinigt, eine Vereinbarung auf der Grundlage des Baden-Württemberger Tarifvertrags auszuhandeln. Diese sollte zwischen Verdi und der Uniklinik geschlossen werden – genau die damals gefundene Formulierung ist nun aber ein Knackpunkt: Während Verdi diese Verabredung als Grundlage für Tarifverhandlungen interpretiert, ist die Klinik offenbar überzeugt, dass mit dem Wort „Vereinbarung“ die nun vorgelegte Dienstvereinbarung zwischen Personalrat und Klinikleitung gemeint ist.

Bsirske kündigte an, die unbefristeten Streiks würden fortgesetzt, Verdi bleibe aber gesprächsbereit. „Die Notdienstvereinbarung, die die Klinik im Übrigen nicht unterzeichnen wollte, halten wir auch weiterhin aufrecht.“ Die Streikenden wollen heute vor der Düsseldorfer Staatskanzlei demonstrieren. „Die Landesregierung ist verantwortlich für die Aufsicht der Uniklinik und deshalb fordern wir den Ministerpräsidenten auf, auf die Klinikleitung einzuwirken, endlich zu ernsthaften Verhandlungen zu kommen, um den Konflikt zu beenden“, forderte Stephanie Peifer, Geschäftsführerin des Bezirkes Düssel-Rhein-Wupper.

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