Brüssel US-Notenbank beflügelt Börsen

Brüssel · Die Entscheidung der amerikanischen Währungshüter für unbegrenzte Anleihenkäufe löste zeitweise Euphorie aus. Dagegen hat das Euro-Finanzminister-Treffen keine Enscheidung gebracht. Aber es zeichnet sich ab, dass Griechenland mehr Zeit für sein Sparprogramm erhalten soll.

Der Dow Jones auf einem Niveau wie 2007, der Euro auf einem Fünf-Monats-Hoch, der Dax bei einem Stand, den er zuletzt vor 14 Monaten erreicht hatte – die Entscheidung der US-Notenbank Fed über unbegrenzte Anleihenkäufe hat gestern den Finanzmärkten zeitweise enormen Auftrieb gegeben. Die Ankündigung von Fed-Chef Ben Bernanke, die Notenbank werde der lahmenden US-Konjunktur mit Milliardenausgaben auf die Sprünge helfen, soll die Erholung beschleunigen, weil die Fed die Zinsen nahe Null belässt.

Euphorie an den Börsen, Hoffnung in Athen: Die internationalen Geldgeber wollen Griechenland offenbar mehr Zeit zur Erfüllung seiner Spar- und Reformauflagen geben. Das wurde gestern beim Treffen der Euro-Finanzminister in Nikosia deutlich. Es gebe "mehrere Möglichkeiten", das Hilfsprogramm anzupassen, so die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde. Die eher als Hardliner bekannten Finanzminister Österreichs und der Niederlande äußerten sich ähnlich: "Wenn das Defizit wegen eines zeitweisen Wirtschaftsabschwungs größer ist als erwartet, könnte es etwas Zeit geben", so Jan Kees de Jager, der nur noch geschäftsführend im Amt ist. Die Regierung in Athen habe "sehr ambitioniert" ein Budget vorgelegt, unterstrich die Wienerin Maria Fekter. "Und wir werden den Griechen die Zeit geben, die sie dafür brauchen." Mehr Geld schlossen beide aus.

Die Euro-Partner wollen ein drittes Hilfspaket auf jeden Fall vermeiden, weil es in mehreren Ländern –darunter Deutschland – als politisch nicht durchsetzbar gilt. Athen bittet um einen Aufschub von zwei Jahren bis 2016 und kämpft um die Durchsetzung eines Sparpakets von 11,5 Milliarden Euro. Insider rechnen vor, dass jedes Jahr Verzögerung bis zu 20 Milliarden Euro kostet. Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker kündigte gestern eine Entscheidung in der zweiten Oktoberhälfte an. Am 18. und 19. Oktober findet in Brüssel ein EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs statt. Grundlage für Beschlüsse ist die Analyse der Troika aus EU, EZB und IWF über die Reform-Fortschritte in Griechenland. Ohne ein positives Urteil der Prüfer kann Athen die nächste Hilfstranche in Höhe von 31,5 Milliarden Euro aus dem 130 Milliarden-Paket von EU und IWF nicht bekommen. Ohne weitere Finanzhilfe droht Griechenland die Staatspleite. Doch den dann wahrscheinlichen Austritt aus dem Währungsraum wollen die Euro-Partner aus Angst vor Domino-Effekten wohl nicht riskieren. "Athen wird die Euro-Zone nicht verlassen", versicherte Juncker gestern erneut. Er bestätigte das der Euro-Rettungsfonds ESM am 8. Oktober starten soll.

Als erster Kandidat für ein Eingreifen von EZB und ESM an den Bond-Märkten gilt Spanien. Laut niederländischen Medienberichten geht es um eine Summe von 300 Milliarden Euro gehen, was die EZB aber dementierte. Madrid muss zuvor einen offiziellen Hilfsantrag beim ESM stellen, was Auflagen nach sich zieht. Die Regierung kündigte gestern bis Ende des Monats ein neues Reformpaket an. Damit will Madrid weitergehende Reformvorschriften vermeiden. Euro-Zone-Vertretern zufolge könnte der Antrag auf Anleihe-Stützungskäufe Anfang Oktober beim nächsten Treffen der Finanzminister folgen.

(RP)
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