Rote Zahlen im Sommer Modehändler klagen über zu warmes Wetter

Düsseldorf · Nach Zalando korrigieren nun auch Tom Tailor und Gerry Weber ihre Gewinnprognosen. Der Grund: Das Jahr soll bisher viel zu warm gewesen sein. Doch das ist nur die halbe Wahrheit.

 Mit hohen Rabatten versuchten die Händler wie hier in Düsseldorf in den vergangenen Wochen bereits, ihre Bestände zu verringern.

Mit hohen Rabatten versuchten die Händler wie hier in Düsseldorf in den vergangenen Wochen bereits, ihre Bestände zu verringern.

Foto: dpa/Jana Bauch

Mit Verspätung trifft das Hitzejahr 2018 jetzt auch die Modebranche. Die Händler klagen: Weil es durchgehend warm war, blieb im März und April die Frühlingskollektion liegen, den Sommer verbrachten viele Verbraucher lieber in den Schwimmbädern, und auch die Herbst- und Wintersaison startete mit sommerlichen Temperaturen – für viele Kunden also wieder eher kein Wetter, um schon mal nach neuen Pullis Ausschau zu halten. Zalando, Gerry Weber und Tom Tailor haben ihre Gewinnprognosen deshalb bereits nach unten korrigiert. „So schlimm war es seit dem Sommer 2003 nicht mehr“, sagt ein Sprecher des Bundesverbands des Deutschen Textileinzelhandels (BTE). „Wir kamen fast ohne Übergang vom Winter in den Sommer.“

Im stationären Geschäft  gehen die mittelständischen Händler davon aus, dass wegen  der Hitze ein Umsatzverlust von bis zu fünf Prozent drohen könnte. Damit verbunden sind vermutlich am Ende auch  Gewinneinbußen. „Geht alte Ware nicht raus, schalten die Händler Rabatte. Aber eigentlich ist dafür kein Platz in den Läden, weil schon wieder neue Kollektionen im Lager liegen“, heißt es beim BTE.

Sommer 2018 in NRW - zwischen Hitze, Dürre, Bränden und Unwetter
28 Bilder

Sommer 2018 in NRW - zwischen Hitze und Unwettern

28 Bilder
Foto: dpa/Mohssen Assanimoghaddam

Das Wetter ist also Schuld an allem? Viel spricht dafür, dass die Gründe für die Umsatzeinbußen tiefer liegen. „Viele große stationäre Händler haben im Augenblick große Schwierigkeiten“, sagt der Handelsexperte Thomas Harms von der Unternehmensberatung EY. „Die Schuld daran wird gerne dem Wetter gegeben, aber in Wirklichkeit sind viele der Probleme hausgemacht.“ Die Händler brächten viel zu schnell neue Produkte in die Läden bringe und unterschätzten die Bedeutung des Online-Geschäfts immer noch massiv.

Das Wetter traf die Händler außerdem unterschiedlich stark. Auch das spricht dafür, dass die heißen Tage nicht allein für die Einbußen verantwortlich sein können. Manche Unternehmen sind fast problemlos durch Frühling und Sommer gekommen. Etwa das Düsseldorfer Textilunternehmen Fynch-Hatton. „Im Sommer nahm der Absatz von Polohemden sogar leicht zu, ansonsten haben wir über das Jahr verteilt unverändert viel Ware verkauft“, teilt ein Sprecher mit. Bei Peek & Cloppenburg ist man zuversichtlich, dass die Herbstware in den kommenden kühlen Tagen besser laufen wird. „Wir sind mit einem den Erwartungen entsprechenden Ergebnis aus dem Sommergeschäft aus-, aber schwach ins Wintergeschäft eingestiegen“, sagt eine Sprecherin.

Auch die Modekette Tom Tailor muss zurückrudern. Im laufenden Jahr erwarte der Vorstand einen Umsatzrückgang von bis zu neun Prozent auf 840 bis 860 Millionen Euro, teilt das Unternehmen mit. Tom Tailor rechnet nun nur noch mit 7,5 bis 8,5 Prozent Gewinnmarge (Ebitda), statt wie bisher mit zehn Prozent. Auch der westfälische Konzern Gerry Weber meldete zuletzt schlechte Zahlen. Im dritten Quartal fiel der Umsatz um 11,4 Prozent auf rund 170 Millionen Euro. Beide Unternehmen kämpften bereits vor der Hitzewelle mit Problemen.

Sogar Platzhirsche wie Zalando, die kräftig ins Online-Geschäft investieren, melden Verluste. Das Unternehmen korrigierte seine Gewinnprognose am Montag auf 190 Millionen Euro statt wie zuvor angenommen 270 Millionen Euro. Auch hier soll der Grund das Wetter sein. Für Handelsexperte Harms ist indes klar: „Die Kleiderschränke in Deutschland sind schon jetzt bis zum Bersten gefüllt. Der Markt ist gesättigt.“

(atrie/dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort