Nach Skandal um falschen Titel Yahoo-Chef Thompson tritt zurück

Sunnyvale · Umbruch beim Internet-Urgestein Yahoo: Konzernchef Scott Thompson ist zurückgetreten, nachdem bekannt geworden war, dass er in seinem Lebenslauf einen falschen akademischen Titel angegeben hatte.

 Scott Thompson ist über seine Lebenslauf-Trickserei gestolpert. Seine Karriere bei Yahoo ist beendet.

Scott Thompson ist über seine Lebenslauf-Trickserei gestolpert. Seine Karriere bei Yahoo ist beendet.

Foto: dapd, Paul Sakuma

Yahoo muss sich schon wieder einen neuen Chef suchen. Nach nur vier Monaten an der Spitze des Internetkonzerns stolpert Hoffnungsträger Scott Thompson über eine frisierte Biographie. Er packte nach einem tagelangen Gerangel mit einem Großaktionär am Sonntag eine Koffer. Ein endgültiger Nachfolger steht noch nicht fest.

Yahoo verbreitete die Nachricht am Nachmittag kalifornischer Zeit.
Auffallend war, dass die sonst in derartigen Mitteilungen üblichen Abschiedsworte und guten Wünsche für den weiteren Lebensweg vollends fehlten. Auch Thompson selbst kam nicht zu Wort. Er habe das Unternehmen bereits verlassen, hieß es kurz und knapp von Unternehmensseite.

Damit hat Großaktionär Daniel Loeb sein Ziel erreicht. Er war es, der im offiziellen Lebenslauf von Thompson einen Bachelor-Abschluss in Computerwissenschaften entdeckte, der dort nicht hinein gehörte.
Denn Thompson hat lediglich einen Abschluss in Buchhaltung. Für Loeb war diese Entdeckung der Hebel, um den Firmenchef zu stürzen, der seinen eigenen Machtplänen im Weg stand.

Loeb hält über seinen Hedgefonds Third Point 5,8 Prozent an Yahoo und fordert schon lange, dass er in das oberste Konzerngremium einziehen kann, in den Verwaltungsrat. Nach dem Sturz Thompsons wird Loeb nun insgesamt drei Sitze in dem Gremium bekommen, einen davon besetzt er selbst, die beiden anderen bekleiden Vertraute.

Levinsohn wird bis auf Weiteres Chef

Es ist schon der zweite unrühmliche Abgang eines Yahoo-Chefs binnen kurzer Zeit. Thompson war erst zu Jahresbeginn angetreten. Seine Vorgängerin Carol Bartz war gefeuert worden, weil sie es nicht geschafft hatte, den Umsatzschwund des Unternehmens zu stoppen. Monatelang war Yahoo führungslos.

Der Konzern steht in scharfer Konkurrenz zu Google und Facebook bei der lukrativen Werbung im Internet. Thompson, ein ehemaliger Ebay-Manager, verordnete Yahoo einen Sparkurs und schaffte es gleichzeitig, das Werbegeschäft anzukurbeln. Umso stärker dürfte eine Hängepartie bei der Suche nach einem dauerhaften neuen Chef das Unternehmen treffen.

Bis auf Weiteres führt Ross Levinsohn das Internet-Urgestein. Der Manager ist eigentlich fürs Mediengeschäft von Yahoo zuständig. Die Aufgabe, einen endgültigen Chef zu finden, fällt Fred Amoroso zu. Er hat ebenfalls mit sofortiger Wirkung den Posten des Vorsitzenden im Verwaltungsrat übernommen. Der bisherige Amtsinhaber Roy Bostock hört auf. Er wolle Bostock für seine langjährigen Dienste danken, sagte Amoroso.

Spannend dürfte nun vor allem werden, ob Yahoo sein Tafelsilber verkauft. Die Amerikaner halten große Beteiligungen an der chinesischen Internetfirma Alibaba sowie an Yahoo Japan. Die Anteile sind mehrere Milliarden Dollar wert. Ein angedachter Verkauf kam bislang aber nicht zustande. "Wir werden mit der neuen Führung zusammenarbeiten, um Yahoos beträchtliches Potenzial und Wert zu heben", erklärte Großaktionär und Neu-Verwaltungsrat Loeb.

(dpa)
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