Wirtschaftsfolgen Wie das Coronavirus auf die Geschäftswelt wirkt

San Francisco/Paris/Osnabrück · Seidentücher, iPhone-Termin, Whisky-Absatz: Nicht nur die Medizin- und Reisebranche bekommen die Auswirkungen der neuen Lungenkrankheit zu spüren.

 Ein Container-Stapler ist auf dem Container Terminal Tollerort (CTT) der Hamburg Hafen und Logistik AG (HHLA) unterwegs.

Ein Container-Stapler ist auf dem Container Terminal Tollerort (CTT) der Hamburg Hafen und Logistik AG (HHLA) unterwegs.

Foto: dpa/Christian Charisius

Hygiene- und Medizinartikelhersteller fahren Sonderschichten. Die Nachfrage nach Masken oder Produkten zum Desinfizieren sei gestiegen, hieß es beim Hersteller Paul Hartmann. Die Hartmann-Tochter Bode Chemie produziert das Desinfektionsmittel Sterillium, das in Krankenhäusern und Arztpraxen zur Desinfektion der Hände zum Einsatz kommt. Bei Bode werde nun auch am Wochenende gearbeitet. Beim Hersteller von Sagrotan, der RB Hygiene Home Deutschland, spricht man von exponentieller Nachfrage-Zunahme.

Die Reisebranche dagegen stöhnt über Einbußen, weil die Angst vor einer Ansteckung mit der neuartigen Lungenkrankheit viele Touristen abschreckt. So teilte die weltweit größte Hotelkette Marriott International mit, im vierten Quartal sei der Überschuss verglichen mit dem selben Vorjahreszeitraum um zwölf Prozent auf 279 Millionen Dollar gefallen. Das Geschäft sei vor allem im asiatisch-pazifischen Raum negativ beeinträchtigt worden.

Unterdessen hat die Lufthansa ein Programm zur Kostensenkung gestartet. Geplante Neueinstellungen werden überprüft, ausgesetzt oder auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Darüber hinaus sollen die Mitarbeiter zu unbezahltem Urlaub und geringeren Arbeitsvolumen in Teilzeit bewegt werden. Die Lufthansa Group hat bis Ende März sämtliche Passagierflüge zum chinesischen Festland gestrichen. Auch für Verbindungen nach Hongkong kündigte der Konzern wegen der schwachen Nachfrage weitere Streichungen an.

Auch Deutschlands Häfen bekommen die Auswirkungen der Coronavirus-Epidemie in China zunehmend zu spüren. Einem Bericht der "Neuen Osnabrücker Zeitung" zufolge werden die Stellflächen für Container besonders in Hamburg und Bremerhaven knapp. Als Hintergrund nannte ein Sprecher des Terminalbetreibers Eurogate der Zeitung die Tatsache, dass aus Europa immer weniger Waren Richtung China verschifft würden.

Weniger Bewegung innerhalb Chinas hat Folgen für Unternehmen, die auf ausgehfreudige Kundschaft setzen. So werden wegen des grassierenden Coronavirus geschlossene Bars und Restaurants in China die Geschäftsentwicklung des Spirituosen-Herstellers Diageo belasten. Der Anbieter von Johnnie Walker Scotch Whisky, Smirnoff Wodka und Guinness-Bier teilte am Mittwoch mit, der Virus dürfte den Betriebsgewinn 2020 um bis zu 200 Millionen Pfund (239 Millionen Euro) drücken. Der organische Nettoumsatz werde wohl um 225 Millionen bis 325 Millionen Pfund niedriger ausfallen. Trotz der zu erwartenden Einbußen wegen des Virus äußerte sich Diageo zuversichtlich über die Wachstumsmöglichkeiten in der Region China und Asien-Pazifik.

Der Computer-Riese Microsoft hat wegen der Folgen des neuartigen Coronavirus sein bisheriges Umsatzziel für die PC-Sparte gestrichen. Aufgrund von Belastungen der Lieferkette dürfte die zuvor ausgegebene Prognose im laufenden Geschäftsquartal nicht erreicht werden, warnte Microsoft am Mittwoch nach US-Börsenschluss.

Apple hatte seine Anleger bereits in der vergangenen Woche mit einer Umsatzwarnung verschreckt: Wegen der Coronavirus-Epidemie in China rechnet der Smartphone-Hersteller nicht mehr damit, seine Umsatzziele für das laufende Quartal erreichen zu können. Nun berichten Insider, auch der Zeitplan für das neueste iPhone sei gefährdet. Wegen Reisebeschränkungen nach China könnten Apple-Experten derzeit nicht an der neuen iPhone-Generation arbeiten, sagten ehemalige Mitarbeiter und Supply-Chain-Experten am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters.

Zuversichtliche Töne kommen aus der Luxusbranche: Der für seine Luxushandtaschen und Seidentücher bekannte französische Modekonzern Hermès sieht in China Anzeichen für eine Rückkehr zur Normalität. Es seien wegen des grassierenden Coronavirus nur noch vier der 43 Filialen auf dem Festland und in Gebieten um Hongkong und Macau geschlossen. "Bis vor zehn Tagen waren wir in der Situation, Geschäfte zu schließen, jetzt sind wir in der Situation, sie wieder zu eröffnen", sagte Hermes-Chef Axel Dumas.

(peng/Reuters/dpa)
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