Flüchtiger Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek könnte in Belarus untergetaucht sein

Hamburg · Der flüchtige Ex-Wirecard-Vorstand, Jan Marsalek, könnte sich einem Bericht zufolge in Belarus aufhalten. Im russischen Ein- und Ausreiseregister, das auch das benachbarte Belarus umfasst, ist für Marsalek eine Eintragung nur Stunden nach seiner Freistellung bei Wirecard zu finden.

Das berichtete der "Spiegel" am Samstag. Demnach sei Marsalek in der Nacht vom 18. auf den 19. Juni kurz nach Mitternacht über den Flughafen der Hauptstadt Minsk nach Belarus eingereist. Der "Spiegel" berief sich auf gemeinsame Recherchen mit den Investigativplattformen "Bellingcat" aus Großbritannien, "The Insider" aus Russland" und "McClatchy Report" aus den USA.

Eine Wiederausreise Marsaleks sei in den Datenbanken bislang nicht verzeichnet. Das deute darauf hin, dass sich der Manager weiterhin in Belarus oder in Russland befinde.

Im Juni war zunächst spekuliert worden, Marsalek halte sich auf den Philippinen oder in China auf. Dann wurde jedoch bekannt, dass philippinische Einwanderungsbeamte Daten gefälscht hatten, um die Ein- und Weiterreise des ehemaligen Wirecard-Vorstands vorzutäuschen.

Marsalek war bei bei dem Zahlungsdienstleister für das operative Tagesgeschäft zuständig. Wegen des Bilanz-Skandals wurde er am 18. Juni freigestellt und am 22. Juni entlassen.

Wie genau Marsalek nach Weißrussland gekommen sein könnte, ist dem "Spiegel"-Bericht zufolge unklar. Zu seiner Einreise sei in den russischen Datenbanken keine Flugnummer vermerkt. Es finde sich lediglich ein Hinweis auf einen "Einmalflug".

Wirecard hatte eingestanden, dass in der Jahresbilanz 1,9 Milliarden Euro fehlen und das Geld bei zwei philippinischen Banken vermutlich gar nicht existiert. Der Börsenkurs des Dax-Konzerns stürzte ab, das Unternehmen meldete Insolvenz an. In dem Fall ermittelt die Staatsanwaltschaft München I. Marsalek hat über seinen Anwalt erklären lassen, sich nicht der Justiz stellen zu wollen.

Derweil soll der Skandal um die Pleite des Zahlungsdienstleisters verfilmt werden. "Der Fall Wirecard liefert nicht nur die Vorlage zu einem einzigartigen Wirtschaftskrimi, er ist auch ein Drama unter Königen; zwischen gerissener Kriminalität und Technologiegläubigkeit", sagte der Chef der Filmgesellschaft Ufa, Nico Hofmann, der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

"Es gibt kaum eine Facette unseres wirtschaftlichen Zusammenlebens, die nicht berührt wäre", fuhr Hofmann fort - "gravierende Fehler bei der Aufsicht, politische Blauäugigkeit, um den Technologie-Standort Deutschland brillieren zu lassen, geprellte Anleger und Machtphantasien, die den internationalen Börsenmarkt wie einen Bürgerkrieg sehen". Der Produzent kündigte an, sich dem Fall in einer "90-minütigen dokufiktionalen Aufarbeitung" zu widmen.

(felt/AFP)
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