Neues Sorgenkind der Märkte Wie es um Frankreichs Finanzkraft bestellt ist

Paris (RPO). Der Dow Jones verliert, die Börsen in Asien zittern, der Dax dagegen startet im Plus. Die Gerüchte um eine mögliche Herabstufung Frankreichs haben zu neuen Turbulenzen an den Märkten geführt - auch wenn die Ratingagenturen Entwarnung gaben. Aber wie ist es eigentlich um die Finanzkraft der Grande Nation bestellt? Schließlich ist es ausgerechnet die Regierung in Paris, die gemeinsam mit Deutschland eine Führungsrolle in der Bekämpfung der Euro-Krise übernimmt.

Was sind Ratingagenturen?
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Foto: APN

Alles begann mit dem Report des Internationalen Währungsfonds Ende Juli. Der IWF forderte Frankreich auf zu sparen, sonst könnte es die Ratingbestnote AAA+ verlieren. Eine Nachricht, die die Märkte beunruhigte, schließlich wurde erst die USA von Standard & Poor's herabgestuft. Eine Tatsache, die viele Anleger wohl bis vor Kurzem nie hätten kommen sehen. Und so ging es mit den Kursen wieder bergab, obwohl alle drei großen Ratingsagenturen versichert hatten, dass Frankreich seine Bestnote behalten werde.

Dass Frankreich ins Visier der Märkte rückt, kommt aber nicht von ungefähr. Das Land hat bei Weitem nicht solche Probleme wie Griechenland oder auch die anderen Euro-Sorgenkinder. Doch es spielt eine Vorreiterrolle - genau wie Deutschland - bei der Bekämpfung der Euro-Krise. Wie aber sollen die Märkte auf die Maßnahmen der EU vertrauen, wenn eines der Spitzenländer es nicht schafft, seine Schuldenproblematik in den Griff zu bekommen. Denn fest steht: Frankreich hat ein enormes Schuldenproblem.

Neuverschuldung bei geschätzten 5,7 Prozent

Die Neuverschuldung liegt in diesem Jahr bei geschätzten 5,7 Prozent. Sie soll 2012 auf 4,6 Prozent herabgesenkt werden. Wie, das ist allerdings noch offen. Auch deshalb kehrte Staatspräsident Nicolas Sarkozy frühzeitig aus dem Urlaub zurück, auch deshalb sollen nun schnell Sparvorschläge auf den Tisch. Denn schaut man auf die Daten der europäischen Statistikbehörde Eurostat, so ist deutlich zu sehen, dass sich bei der Schulden bekämpfung in Frankreich bislang kaum etwas getan hat.

Im Gegenteil, die Schulden wuchsen in den vergangenen Jahren zunehmend. Im Jahr 2007 betrug der Anteil der Schulden am Bruttoinlandsprodukt noch 63,9 Prozent, 2009 waren es schon 78,3 Prozent und im vergangenen Jahr sogar 81,7 Prozent. Und es wird angenommen, dass die Schulden noch auf über 86 Prozent ansteigen werden. Ein Grund dafür dürften auch die gestiegenen Ausgaben des Landes sein.

56,2 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes gab das Land in den vergangenen zwei Jahren wieder aus. 2010 betrugen die Einnahmen nur 49,2 Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt. 2007 und 2008 dagegen lagen die Ausgaben noch bei 52,4 bzw. 52,9 Prozent. Vor allem der aufgeblähte Staatsapparat gerät immer wieder in die Kritik.

Umstrittene Rentenreform

Um zu sparen, hat Nicolas Sarkozy daher auch die umstrittene Rentenreform eingeführt, gegen die zehntausende Franzosen auf die Straße gegangen waren. Vielmehr ist bislang vonseiten der Regierung allerdings nicht passiert. Genau das wird von Finanzexperten kritisiert, genau deshalb gerät Paris nun ins Visier der Spekulanten. Hinzu kommen Gerüchte, dass die Bank Société General schlecht da stehen würde, was das Bankhaus selbst bestreitet. Zudem ist die Jugendarbeitslosigkeit extrem hoch - ein Problem, das auch Spanien hat.

Auf der anderen Seite ist es Frankreich zumindest gelungen, sein Defizit von 2009 auf 2010 etwas zu senken - von 7,9 Prozent auf 7,0 Prozent. Hoch ist es dennoch: Deutschland etwa verzeichnete 2010 ein Defizit von 3,3 Prozent, Problemkind Griechenland dagegen 10,5 Prozent. Sorgen bereitet aber das Wirtschaftswachstum, das im dritten Quartal wohl nur 0,2 Prozent betragen wird.

Genau das macht auch den Unterschied zu Deutschland, das mit 83,2 Prozent im Jahr 2010 sogar eine höhere Verschuldung als Frankreich aufwies. Die Konjunktur in Deutschland boomt derzeit, macht die Bundesrepublik zu einem Vorzeigebeispiel der Eurozone.

Bis zum 24. August jedenfalls will Sarkozy bekanntgeben, wie das Land seine Sparziele einhalten wird. Erst dann wird sich wirklich entscheiden, was mit der Grand Nation, ihrer Rating-Bestnote geschieht. Bis dahin dürften die Märkte aber weiter spekulieren.

(mit Agenturmaterial)
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