Größer Online-Händler der Welt Wie Amazon bei Preisen seine Macht nutzt

Düsseldorf · Kein Handelskonzern der Welt gewinnt schneller an Bedeutung als der US-Konzern. Das stößt zunehmend auf Skepsis bei Kartellbehörden.

Auch ein Gigant muss Niederlagen wegstecken: Nachdem es rund um das Internetkaufhaus Amazon immer wieder schlechte Nachrichten wegen Arbeitsbedingungen gab, beendete die Drogeriemarktkette dm im Juli die Zusammenarbeit. Der offizielle Grund: Es lohne sich nicht, der Verkauf sei zu niedrig. Der wahrscheinliche Hauptgrund: Deutschlands größter Händler für Drogerieware will die Kontrolle über die Kundenkontakte alleine haben.

Auch bei seinem langen Streit mit dem Bundeskartellamt muss Amazon nun wohl zurückstecken. Externe Partner dürfen in ihren Webshops oder auch bei weiteren Internetläden Waren billiger anbieten als bei Amazon selbst. Das hat das Kartellamt Amazon als Zusage abgetrotzt. Behördenchef Andreas Mundt macht sich größte Sorgen vor einer weiteren Ausnutzung der großen Marktmacht von Amazon.

Und die wird immer beeindruckender. Bei Büchern und Medieninhalten, also vorrangig CDs und Videos, hat der US-Konzern bereits 75 Prozent des hiesigen Versandmarktes erobert. Dabei ist Amazon zwar bei Büchern an die deutsche Preisbindung gebunden, doch dank schneller Lieferfristen und des extrem umfangreichen Internetkatalogs werden örtliche Geschäfte abgedrängt.

Enger Bündnispartner in Deutschland ist dabei die Post. Indem sie immer mehr Packstationen aufbaut und für das Land sogar Paketbriefkästen erwägt, ist der Siegeszug von digital bestellter Ware insbesondere bei vielen Massenprodukten nur schwer aufzuhalten — irgendwann wird wohl jede zweite CD oder jedes zweite Buch insgesamt von Amazon kommen.

"Marktmacht verschafft einen Einkaufsvorteil"

Dabei fängt der Konzern erst richtig an. Aktuell macht Amazon in Deutschland 6,4 Milliarden Euro Umsatz, der gesamte E-Commerce hierzulande macht rund zehn Prozent des Einzelhandelsumsatzes aus. Da aber fast alle Experten davon ausgehen, dass der Anteil des E- Commerce auf mindestens 20 Prozent des Einzelhandelsumsatzes wächst, kommt Amazon bei nur gleichem Wachstum in einigen Jahren auf mindestens zwölf Milliarden Euro Umsatz.

Tatsächlich könnte es aber viel mehr werden. Denn Amazon nutzt seine Bekanntheit nicht nur, um den Kunden bei vielen Waren einen höheren Preis abzuverlangen, als ihn andere Wettbewerber fordern. Ebenso wichtig ist, dass der Weltkonzern bei immer mehr Produkten wichtigster Abnehmer wird.

"Die zunehmende Marktmacht verschafft einen Einkaufsvorteil", sagt der Handelsexperte Fritze von Berswordt von der Beratungsfirma SMP, "damit kann Amazon kleinere Wettbewerber abdrängen."

Die vom Kartellamt nun erzwungenen neuen Regeln sollen kleineren Firmen etwas mehr Spielraum geben, bei Amazon für ihre Produkte zu werben und gleichzeitig einen eigenen Shop zu betreiben. Das begrüßt "im Prinzip" auch Norbert Hegmann aus Kirchhellen mit seinem Online-Shop Vindoru.

Aber er will nicht über Amazon verkaufen: "Dann verwalten die immer mehr Kundendaten und machen denen gezielt andere Angebote." Außerdem stört ihn die Provision: 15 Prozent vom Preis verlangt Amazon beispielsweise im Bereich "Küche" als Verkaufsgebühr. Hegmann: "Da verkaufe ich lieber selbst."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort