Preise für Rohstoffe explodieren Was das Leben teuer macht

Düsseldorf (RPO). Spekulanten, Flutkatastrophen und Dürreperioden lassen weltweit die Preise für Rohstoffe explodieren. Handel und Hersteller geben das nun an die Verbraucher weiter.

Fast nirgendwo in der westlichen Welt war es in den vergangenen Jahren preiswerter, gut zu essen und zu trinken als in Deutschland. Diese Zeiten sind vorbei. Jetzt schießen die Preise für Lebensmittel in die Höhe. Orangensaft kostet im Vergleich zum Vormonat fast ein Fünftel mehr. Gravierend ist der Anstieg auch bei Butter. Statt 85 Cent kostet ein halbes Pfund bei vielen Discountern nun mehr als einen Euro. Grund dafür sind diesmal nicht etwa profitorientierte Handels- und Lebensmittelkonzerne, sondern vor allem die Folgen des Klimawandels — und die zunehmende Macht von Spekulanten.

Der Preis für Weizen etwa ist seit Juni von knapp mehr als vier Dollar je Scheffel auf über sieben Dollar explodiert. Mais wurde ebenfalls teurer, der Gerste-Preis hat sich sogar verdoppelt. Ursache ist eine Kette von unglücklichen Ereignissen. "Im Juni waren die Experten noch von einer guten Ernte 2010 ausgegangen. Dann schlugen die Wetterunbilden weltweit zu", erklärt Carsten Fritsch, Rohstoff-Analyst der Commerzbank.

Hitzewelle vermieste die Ernte

Im Frühjahr sei es in Kanada, einem der größten Getreideproduzenten der Erde, zu feucht gewesen. "Im Juli kam die Hitzewelle über Deutschland und Frankreich und vermieste die Ernte", so Fritsch. Das Fass zum Überlaufen brachte das Exportverbot für Weizen, das Russland jüngst zur Versorgung der eigenen Bevölkerung erlassen hat. "Dann kamen die Flutkatastrophe in Pakistan, Missernten in der Ukraine und Kasachstan." Die Schreckensmeldungen nehmen kein Ende.

Diese Ereignisse schlagen unmittelbar beim deutschen Verbraucher durch, der im Supermarkt Schilder mit höheren Preisen auf den Lebensmitteln vorfindet. Die bisherigen Preiserhöhungen waren vermutlich nur die Spitze des Eisbergs.

"Dieser Preisanstieg ist Abbild einer echten Verknappung", sagte Joost Schalken, Chef und Miteigentümer der Bäckereikette Kamps, unserer Zeitung. "Butter teurer, Schokolade teurer, Weizen teurer, wenn alle dunklen Wolken bleiben, wird der Endverbraucher das irgendwann in höheren Preisen zu spüren bekommen." Kleine Bäckereien könnten solche Schocks noch schwerer verkraften als große.

"Preisanstieg ist Werk von Spekulanten"

In Brötchen schlägt der hohe Weizenpreis dabei noch nicht einmal so stark zu Buche, weil dieser nur zehn Prozent des Endpreises ausmacht. "Richtig kritisch wird es bald bei Fleisch. Der Weizenpreis macht 60 Prozent des Fleischpreises aus, da das Getreide als Futtermittel dient", sagt Analyst Fritsch. Auch Bier dürfte ihm zufolge wegen höherer Gerstepreise bald teurer werden.

Romuald Schaber, Chef des Bundes deutscher Milchviehhalter, gibt nicht nur Missernten und schlechtem Wetter die Schuld an der Preisexplosion. "Ein Großteil des Preisanstiegs ist das Werk von Spekulanten", sagt Schaber, der seit Jahren höhere Preise für Lebensmittel fordert. Von den Preiserhöhungen käme bei den Bauern nur wenig an, klagt der Funktionär, der vor zwei Jahren durch seinen spektakulären Milchbauernstreik Schlagzeilen machte. "Wir brauchen eine staatliche Regulierung der Märkte für landwirtschaftliche Erzeugnisse, um so etwas zu verhindern", forderte Schaber im Gespräch mit unserer Zeitung.

Die Verknappung des Weizenmarktes zieht die Spekulanten an. "Die Investoren setzen jetzt mehrheitlich auf weiter steigende Weizenpreise", sagt Commerzbank-Experte Fritsch. Eine Wende ist derzeit nicht in Sicht, es könnte sogar noch teurer werden. "Im September wird in Russland der Winterweizen gesät. Wenn die Großfeuer bis dahin nicht gelöscht sind, ist auch die Ernte 2011 in Gefahr."

(RP)
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