Trotz neuer EU-Regeln Warum Lastwagen auch künftig die Autobahn-Rastplätze verstopfen
Düsseldorf/Mönchengladbach · Die EU-Verkehrsminister wollen die Kabinenschlafzeiten für Brummi-Fahrer einschränken. Gegen die vollen Parkplätze an Autobahnen wird das aber kaum helfen. Bei jedem fünften untersuchten Lkw finden Kontrolleure Verstöße gegen das Fahrpersonalrecht.
Bei der Vorstellung der Beschlüsse des EU-Verkehrsministerrats nutzte Norbert Hofer klare Worte. Es werde ein „absolutes Kabinenschlafverbot“ für Brummi-Fahrer geben, sagte der österreichische Verkehrsminister. Außerdem sollen die Fahrer das Recht bekommen, spätestens nach vier Wochen auf der Straße nach Hause zu kommen. „Das heißt, das ist das Ende dieses Nomadentums. Das heißt auch, die Missstände dieser überfüllten Parkplätze werden abgeschafft.“
Machen die Verkehrsminister also gerade Schluss mit überfüllten Rastplätzen an deutschen Autobahnen? Die sind auch in Nordrhein-Westfalen so verstopft, dass sie zur Gefahr für Verkehrsteilnehmer werden können. So kam Anfang vergangenen Jahres ein Mann auf der A40 bei Wachtendonk im Kreis Kleve ums Leben, weil er in einen Lkw einer polnischen Spedition krachte, der auf dem Verzögerungsstreifen vor einem Rastplatz stand.
Aber auch nach den Beschlüssen des EU-Verkehrsministerrats wird es erst einmal voll auf den Raststätten bleiben. Zum einen stellte eine Sprecherin bereits klar, dass dies nur für die wöchentliche Ruhezeit von regulär 45 Stunden gelte, nicht aber für die Übernachtung nach einer normalen neun- bis zehnstündigen Schicht. Wochentags bleibt es also so oder so voll. „Außerdem ist das bereits Gesetzeslage in Deutschland“, sagt Horst Roitsch vom Bundesamt für Güterverkehr mit Sitz in Köln. So wie auch schon in Frankreich und Belgien – nun werde der lediglich der europaweite Flickenteppich beseitigt.
Und: Nur weil die Fahrer am Wochenende nicht mehr in ihren Kabinen schlafen dürfen, verschwinden längst nicht automatisch die Fahrzeuge von den Parkplätzen. „Wir finden vermehrt Lkw führerlos auf“, sagt Roitsch. Das Fahrzeug steht auf dem Parkplatz, der Fahrer schläft woanders. Zum Beispiel in einem Hotel in der Nähe.
Dazu kommt, dass das EU-Parlament die Pläne noch diskutieren muss. Branchenkenner warnen vor voreiligen Schlüssen, schließlich konnte sich das Parlament im Sommer schon nicht auf eine gemeinsame Linie zum Mobilitätspaket einigen. Heftige Diskussionen dürften ins Haus stehen.
„Die Vorschriften alleine werden nicht reichen“, sagt Martin Bulheller, Sprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). Um die Rastplätze spürbar und nachhaltig zu entlasten, werde auch in Zukunft nichts daran vorbeiführen zu investieren: in besser ausgebaute Parkplätze – und davon deutlich mehr. „In den vergangenen Jahren sind bereits neue Parkplätze geschaffen worden. Das waren aber bei weitem noch nicht genug“, sagt Bulheller.
Ein „immenses Problem“ nennt auch Patrick Förster vom Logistikunternehmen Vetten in Mönchengladbach die Situation auf den Parkplätzen an den Autobahnen. Auch er sieht die Lösung in mehr Parkplätzen. „Und zwar von solchen, die nicht von Privatleuten gebaut werden“, sagt er. Denn auf immer mehr privat betriebenen Rastplätzen wird abkassiert. „Das Abstellen dort ist kostenpflichtig, kostet zum Teil acht Euro“, sagt Förster.
Sowohl der Verband als auch das Logistikunternehmen aus Mönchengladbach loben ausdrücklich die von den EU-Verkehrsministern vorgesehene Heimkehr für Fahrer nach spätestens vier Wochen. Das sei die Grundvoraussetzung, um wirksam gegen Sozialdumping vorzugehen. „Gemessen an den Mautkilometern kommen nur 55 Prozent der Lkw auf deutschen Autobahnen auch aus Deutschland“, sagt Bulheller. Westliche Staaten mit hohen Lohn- und Sozialstandards beklagen schon seit langem die Konkurrenz von Speditionen aus Osteuropa, die systematisch mit preiswerten und wochenlang umhergeschickten Fahrern Dienste in fremden Märkten anbieten. Die Vorschriften müssten aber auch kontrollierbar sein und kontrolliert werden. Darum fordert der BGL deutlich mehr Personal beim Bundesamt für Güterverkehr.
Derzeit gibt es 230 Kontrolleure bei der Behörde, in den ersten drei Quartalen des Jahres wurden 118.372 Fahrzeuge kontrolliert. „Wir haben dabei 18 Prozent Beanstandungsquote beim Fahrpersonalrecht“, sagt Roitsch. Also zum Beispiel nicht eingehaltene Ruhezeiten oder Lenkzeitüberschreitung. Das Niveau blieb in den vergangenen Jahren konstant, wie der Sprecher sagt: „Etwa jeder fünfte Lkw, der kontrolliert wird, muss beanstandet werden.“
Die Kontrollen gestalten sich zum Teil schwierig – und manch ein Kontrolleur, so hört man in der Branche, lasse einen Brummi-Fahrer auch lieber schlafen und damit seine Ruhezeiten einhalten, als ihn für eine Kontrolle zu wecken.