Abgasmessungen VW muss Produktion ruhen lassen

Wolfsburg · Bei Volkswagen stehen in Wolfsburg die Produktionsbänder wegen der neuen Abgasmesszyklen nach den Werksferien zeitweise still. Konzernchef Herbert Diess sagte am Mittwoch vor der Belegschaft, die Testprozedur sei viel komplexer und dauere länger.

  Eine exemplarischer Fahrzeugunterbau mit Elektro-Motor von einem VW Golf 7 steht  an einer Fertigungsstrecke des VW Golf 7 im Volkswagen Werk.

Eine exemplarischer Fahrzeugunterbau mit Elektro-Motor von einem VW Golf 7 steht an einer Fertigungsstrecke des VW Golf 7 im Volkswagen Werk.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

„Wir müssen im 3. Quartal mit Ausfällen in der Produktion rechnen." Die Neuwagen sollten nach und nach ausgeliefert werden, sobald sie die Tests durchlaufen und die erforderlichen Zulassungen hätten. Dennoch müssten viele Fahrzeuge zwischengelagert werden. Damit diese Zahl nicht zu groß werde, müsse VW im Wolfsburger Stammwerk nach den Werksferien (7. bis 27.Juli) bis Ende September sogenannte Schließtage einlegen, an denen die Produktion ruhe.

Wie diese Tage verteilt würden, solle in den nächsten Tagen mit dem Betriebsrat besprochen werden. Betriebsratschef Bernd Osterloh forderte, die Auswirkungen dürften nicht allein den Beschäftigten aufgebürdet werden. "Die Kolleginnen und Kollegen können nichts dafür, wenn dieses Unternehmen über Jahre zu wenig Abgasprüfstände gebaut hat und darum plötzlich mit dem Messen nicht nachkommt." Porsche hatte bereits mitgeteilt, dass sich der Verkauf von Neuwagen wegen der neuen Abgasmesszyklen verzögere.

Bei Volkswagen müssen für mehr als 260 Motor-Getriebevarianten neue Abgaswerte ermittelt werden. Hinzu kommen viele unterschiedliche Sonderausstattungen, die berücksichtigt werden. Allein beim Golf gibt es nach Angaben von VW zwei Millionen Kombinationsmöglichkeiten. Wegen der Engpässe können bereits einige Motor-Getriebevarianten nicht bestellt werden.

Nach den EU-Regeln dürfen Neuwagen ab dem 1. September nur noch verkauft werden, wenn sie den Prüfzyklus nach WLTP durchlaufen haben. Damit soll sichergestellt werden, dass Abgastests realitätsnäher sind. Dies ist auch eine Lehre aus den Diesel-Manipulationen von Volkswagen. Inzwischen steht auch Daimler und andere Hersteller im Verdacht, geschummelt zu haben.

Unterdessen holt VW seinen nach umstrittenen Abgastests mit Affen beurlaubten Cheflobbyisten Thomas Steg mit sofortiger Wirkung zurück. Steg übernehme damit wieder seine Funktion als Leiter der Konzern-Außenbeziehungen, teilte der Konzern mit. Der Cheflobbyist selbst sagte, er bedaure, die Versuche nicht verhindert zu haben.

Die Sonderprüfung  der Konzernrevision sei zu dem Ergebnis gekommen, „dass Thomas Steg keine persönlichen rechtlichen Verfehlungen vorzuwerfen sind“, sagte Volkswagen-Rechtsvorstand Hiltrud Werner. Außerdem hätten sich weder pflichtwidriges Verhalten noch arbeitsrechtliche Verstöße von Mitarbeitern bei den Affen-Versuchen gezeigt, die die Lobby-Organisation EUGT in Auftrag gegeben habe.    

Volkswagen hatte Steg Ende Januar als Generalbevollmächtigten beurlaubt, nachdem Labortests mit Dieselabgasen an Affen bekannt geworden waren. Der Vorstand hatte  das entsprechende Angebot des Leiters der Konzern-Außenbeziehungen angenommen. Die Autoindustrie hatte Wissenschaftler eingespannt, um mit der von BMW, Daimler, VW und Bosch gegründeten Lobbyorganisation EUGT – der Europäischen Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor – Gesundheitsgefahren von Dieselabgasen zu verharmlosen. Dazu gab es auch Versuche mit Affen. Die EUGT wurde 2017 aufgelöst.

„Ich war sicher, mich arbeits- und dienstrechtlich korrekt verhalten zu haben“, erklärte der frühere Regierungssprecher. „Dennoch habe ich mich gefragt, ob ich damals, im Frühjahr 2013, nicht noch mehr hätte unternehmen können, um den Test in den USA zu verhindern.“

Schlechte Nachrichten muss der Konzern  mit Blick auf seine Tochter Audi verkraften: Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat nach den von Audi gemeldeten „Auffälligkeiten“ an der Abgas-Software den Rückruf der 33.000 betroffenen Autos in Deutschland angeordnet. Weltweit muss der Hersteller aus Ingolstadt insgesamt 60.000 Wagen in die Werkstatt holen, die die im Mai bekannt gewordenen illegalen Abschaltvorrichtungen für die Abgasreinigung bei Diesel-Varianten der Oberklasse-Typen A6 und A7 enthalten. Auch für andere Dieselmodelle hatte es bereits Umrüstungen gegeben.

(dpa)
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