Vorerst keine Bahn-Streiks Deutsche Bahn und EVG verhandeln weiter

Berlin · Bahnreisende und Pendler können vorerst aufatmen: Im Tarifkonflikt der Deutschen Bahn mit der Eisenbahnergewerkschaft EVG sind offenbar zunächst keine Warnstreiks zu erwarten.

«EVG Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft» steht auf einer Fahne (Symbolbild).

«EVG Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft» steht auf einer Fahne (Symbolbild).

Foto: dpa/Annette Riedl

Ein Hoffnungsschimmer für alle Reisenden: Im aktuellen Tarifkonflikt bei der Bahn gibt es wieder etwas Bewegung - und damit die sehr große Wahrscheinlichkeit, dass zumindest in den nächsten sieben Tagen kein Warnstreik alle Reisepläne durchkreuzt. Vertreter der Deutschen Bahn und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG wollen ab dem 12. Juni erneut über eine Tariflösung verhandeln, wie beide Seiten am Montagabend mitteilten.

Zuletzt betonte die Gewerkschaft immer wieder das Motto „Wer verhandelt, streikt nicht“ - entsprechend sind erstmal keine Arbeitsniederlegungen mit Zugausfällen und Verspätungen zu erwarten. Ob der Tarifkonflikt am 12. Juni schon final gelöst werden kann, ist aber komplett offen.

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Wenige Stunden vor dieser Mitteilung machte die konkurrierende Lokführer-Gewerkschaft GDL deutlich, dass auch der Herbst für die Bahn und ihre Kunden unruhig werden dürfte. GDL-Chef Claus Weselsky präsentierte in einer Pressekonferenz voller Anschuldigungen gegen den DB-Vorstand seine Forderungen: Unter anderem will er 555 Euro mehr Geld pro Monat, 3000 Euro Inflationsausgleichsprämie und eine geringere Wochenarbeitszeit speziell für Schichtarbeiter erreichen. Die Laufzeit des Tarifvertrags soll bei zwölf Monaten liegen.

Weselsky begründete die Forderungen vor allem mit dem Fachkräfte- und Nachwuchsmangel, der seiner Ansicht nach die Bahn-Branche ohne tiefgreifende Anpassungen hart treffen wird. „Wir haben Sorge dafür zu tragen, dass in unserem Bahn-System ausreichend Arbeitskräfte ankommen“, sagte er. Die Verhandlungen zwischen DB und GDL beginnen voraussichtlich im November. Bis Ende Oktober gilt eine Friedenspflicht.

GDL gründet Genossenschaft und will Lokführer verleihen

GDL-Chef Weselsky präsentierte neben der Tarifforderung am Montag einen äußerst ungewöhnlichen Schritt: Seine Gewerkschaft hat eine Genossenschaft gegründet, die mittelfristig als Leiharbeitsfirma für Lokführer in Aktion treten soll. Kurz gesagt sollen Lokführer dort zu besseren Bedingungen angestellt und dann an Bahn-Unternehmen verliehen werden.

„Die Menschen, die unsere Mitglieder sind, sind es leid, von einem Arbeitgeber drangsaliert zu werden, der sich selbst die Taschen vollstopft, unmoralisch durch dieses Leben geht und denjenigen, die die Wertschöpfung bringen, mitteilt, sie müssen Maß halten“, sagte Weselsky über die Deutsche Bahn. Ob die Genossenschaftsidee funktionieren kann, ist völlig offen. Entscheidend wird sein, ob genügend Lokführer bereit sind, bei der DB und anderen Bahnen zu kündigen, um bei der komplett neuen „Fair Train eG“ anzuheuern.

Nach einigem Hin und Her in der vergangenen Woche trafen sich die Verhandlungsspitzen im aktuellen laufenden Tarifkonflikt von Bahn und EVG am Montag quasi geheim in Frankfurt am Main. „Das vertrauliche Gespräch verlief konstruktiv“, teilten beide Seiten anschließend mit. Das geplante Treffen am 12. Juni werde voraussichtlich in Berlin stattfinden.

Die Gewerkschaft verhandelt seit Ende Februar mit der Bahn und Dutzenden weiteren Eisenbahn-Unternehmen über höhere Löhne und Gehälter für insgesamt rund 230.000 Beschäftigte. Der Fokus liegt dabei auf den Verhandlungen mit der DB, dort arbeiten gut 180.000 dieser Beschäftigten. Die Gewerkschaft fordert von den Arbeitgebern einen Festbetrag von mindestens 650 Euro pro Monat mehr oder zwölf Prozent bei den oberen Lohngruppen. Die Laufzeit soll nach ihren Vorstellungen zwölf Monate betragen.

Die Bahn hatte bei Verhandlungen Ende Mai in Fulda stufenweise zwölf Prozent mehr bei den unteren Lohngruppen in Aussicht gestellt. Insgesamt zehn Prozent mehr sollen die mittleren Gruppen bekommen und acht Prozent die oberen. Die erste Erhöhungsstufe soll demnach noch dieses Jahr kommen. Hinzu kommt eine ebenfalls stufenweise Inflationsausgleichsprämie von insgesamt 2850 Euro, die steuer- und abgabenfrei ab diesem Juli gezahlt werden könnte. Die Laufzeit soll 24 Monate betragen.

Die EVG lehnte dieses Angebot ab, die Bahn wollte daraufhin erstmal nicht weiter verhandeln. Die Einladung zum Gespräch am Montag nahmen die Konzern-Vertreter dann aber doch an. Andernfalls hätte die Gewerkschaft aller Voraussicht nach zu Warnstreiks aufgerufen.

(felt/Reuters)
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