Verdacht gegen Autobauer Kartellexperten erwarten hartes Verfahren

Berlin · Der inhaftierte VW-Manager in den USA will sich schuldig bekennen. Die Kurse von VW und BMW gehen wegen des Kartellverdachts weiter auf Talfahrt. Grüne und Linke verlangen die Entlassung des Verkehrsministers.

 Mitarbeiter der deutschen Automobilmarken BMW, Daimler, Audi, Porsche und Volkswagen montieren und polieren die Logos der Fahrzeuge (Symbolfoto).

Mitarbeiter der deutschen Automobilmarken BMW, Daimler, Audi, Porsche und Volkswagen montieren und polieren die Logos der Fahrzeuge (Symbolfoto).

Foto: dpa, lof

Die Anleger sind sich einig: Die ganz bösen Buben beim Autokartell sind Volkswagen und BMW, Daimler kommt dank seiner rechtzeitigen Selbstanzeige womöglich mit einem blauen Auge davon. Und so gingen die Kurse von VW und BMW am Dienstag den dritten Tag in Folge auf Talfahrt, der Daimler-Kurs notierte dagegen knapp im Plus.

"Mal abgesehen von den möglichen Milliardenstrafen schätzen wir vor allem das Reputationsrisiko sowie eine etwaige Regulierungswelle für die Branche als die größeren Risiken ein", sagte Clemens Bundschuh, Analyst der Bank LBBW.

Die Konzerne stehen im Verdacht, über Jahre Standards, Märkte und Strategien abgesprochen zu haben. Daimler und VW sollen 2016 eine Art Selbstanzeige eingereicht haben — Daimler aber vor VW, was für den Rabatt bei einer Kartellstrafe entscheidend wäre. Die EU führt das Verfahren, zuständig ist Kommissarin Margrethe Vestager, die schon bei Google hart durchgriff.

Kartellexperte Haucap erwartet "rigoroses Durchgreifen"

Der Kartellexperte Justus Haucap rechnet mit einem scharfen Verfahren. "Ich erwarte ein recht rigoroses Durchgreifen der Kartellbehörden — sowohl angesichts der anscheinend langen Laufzeit des Kartells als auch angesichts der Tatsache, dass einige der Kartellanten Wiederholungstäter wären — wenn sich die Vorwürfe bewahrheiten sollten", sagte er.

Zugleich lobte er die Kronzeugen-Regelung, die beteiligte Unternehmen dazu bringe, sich zu offenbaren: "Die Kronzeugenregel hat sich als das effektivste Instrument der Kartellbekämpfung erwiesen, wie auch dieser Fall wieder zeigt. So kommen viele Kartelle erst ans Tageslicht." Unabhängig vom Kartellverdacht fordert Haucap das Diesel-Privileg bei der Energiesteuer fallen zu lassen: "Die privilegierte Behandlung von Diesel ist ordnungspolitisch nicht zu rechtfertigen und sollte beendet werde."

Grüne erwarten wenig vom Diesel-Gipfel

Auch in der Politik wächst die Kritik. Die Grünen fordern die Kanzlerin auf, Konsequenzen zu ziehen. "Verkehrsminister Alexander Dobrindt ist längst Teil des Skandals und gehört entlassen", sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer unserer Redaktion. Erst habe die Regierung jahrelang weggesehen, dann habe Dobrindt das Thema ausgesessen, nun wolle er vom Kartell nichts mitbekommen haben.

Für die Grünen steht fest, dass das Kartell nur entstehen konnte, weil die Hersteller gewusst hätten, dass sie nicht kontrolliert würden. Wenig erwarten die Grünen vom nationalen Diesel-Gipfel. Krischer verlangt, statt "dubioser Software-Updates" Hardware-Nachrüstungen vorzunehmen, um den Stickoxid-Ausstoß zu reduzieren.

"Mit der Klüngelei muss Schluss sein"

Auch SPD-Fraktionsvize Sören Bartol besteht auf der Pflicht der Hersteller zur Nachrüstung. "Diejenigen, die in gutem Glauben Dieselfahrzeuge erworben haben, darf das nichts kosten." Einen grundsätzlichen Wechsel in der Autopolitik verlangten die Linken.

"Mit der Klüngelei zwischen Kanzleramt, Ministerien und Automobilvorständen muss Schluss sein", sagte Fraktionsvize Klaus Ernst. "Ein Verkehrsminister, der sich mehr um eine unsinnige Maut als um den Schutz der Bürger kümmert, ist untragbar." Es sei auch unglaublich, dass noch kein einziger Auto-Vorstand wegen des Betrugs mit Diesel juristisch zur Rechenschaft gezogen worden sei und einsitze, so Ernst.

In den USA inhaftiert ist seit Jahresanfang ein VW-Manager. Er will sich nun schuldig bekennen. Seine Anwälte haben das Gericht in Detroit informiert, dass ihr Mandant ein Geständnis abgeben will, teilte ein Justizsprecher mit. Dies soll am 4. August erfolgen. Die USA beschuldigen den Deutschen, Teil einer Verschwörung zum Betrug und Verstoß gegen Umweltgesetze gewesen zu sein. Bislang hatte der Manager dies zurückgewiesen. Doch ihm droht eine lange Haftstrafe.

(anh/may-)
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