Kabinett stimmt Gesetz zu Verbot ungedeckter Leerverkäufe beschlossen

Berlin (RPO). Die Bundesregierung hat ein Verbot hoch spekulativer Leerverkäufe in Deutschland auf den Weg gebracht und will damit eine europäische Regelung vorantreiben. Möglichst schon im Juli sollen sogenannte ungedeckte Leerverkäufe hierzulande verboten sein, wie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Mittwoch sagte. Kritik am Vorpreschen Berlins wies er zurück.

Wie Leerverkäufe funktionieren
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Foto: ddp

Schäuble verwies zur Begründung des Gesetzentwurfs auf die Krisen der vergangenen Jahre. Sie hätten gezeigt, dass die Finanzmärkte dringend einer Regulierung bedürften, sagte er in Berlin. In der Öffentlichkeit sei die Sorge weit verbreitet, dass die Politik nicht in der Lage sei, Märkte zu regulieren - dieser Sorge gelte es entgegenzuwirken.

Bei Leerverkäufen wetten Spekulanten auf fallende Aktienkurse. Sie leihen sich dazu ein Papier für eine bestimmte Zeit und verkaufen es sofort weiter. Ist der Preis nach Ablauf der Frist tatsächlich gefallen, kaufen sie ein Papier derselben Art zurück und geben es an den Verleiher zurück. Die Differenz im Kurs - abzüglich der Leihgebühr - ist ihr Gewinn.

Bei ungedeckten Leerverkäufen verkauft ein Händler Papiere, die er gar nicht hat. Innerhalb eines bestimmten Zeitraums muss er die Aktien dann aber kaufen, um das Geschäft zu vollziehen. Ist der Preis niedriger ist als bei Abschluss des Geschäfts, macht der Händler einen Gewinn. Im Extremfall werden so mehr Aktien gehandelt als überhaupt existieren. Viele Wetten auf einen Kursverfall können Abwärtstrends an den Börsen verstärken.

"Wenn jemand die Gelegenheit hat, ein Ereignis in der Zukunft zu beeinflussen, dann sind wir bei der Fußballwette - und das geht nicht", sagte Schäuble. Das Verbot ungedeckter Leerverkäufe in Deutschland soll deutsche Aktien betreffen sowie Staatsschuldpapiere der Euro-Zone - de facto aber nur deutsche und österreichische Staatsanleihen. Auch Versicherungen auf Kreditausfallrisiken von Euro-Staaten, die nicht zur Absicherung konkreter Papiere dienen, sollen untersagt sein. Ausnahmen, aber auch Verschärfungen kann die Regierung per Rechtsverordnung erlassen, "wenn schnelles Handeln erforderlich ist", wie Schäuble sagte.

Die Koalitionsfraktionen im Bundestag bemühten sich um ein beschleunigtes Verfahren, sagte der Minister. Die Regierung strebe einen Abschluss noch vor der Sommerpause an, die in der dritten Juliwoche beginnt.

Die Bundesregierung habe auf eine europäische Regelung gedrängt, verteidigte Schäuble den Alleingang. Die EU-Kommission habe nicht - wie gehofft - schon am 18. Mai erste Vorschläge gemacht, sondern dies erst für Oktober angekündigt. "Da haben wir uns kurzfristig entschieden", sagte der Finanzminister. Ab Mitternacht des 19. Mai hatte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungaufsicht (BaFin) ungedeckte Leerverkäufe von Staatsanleihen aus der Euro-Zone und von Aktien mehrerer Finanzunternehmen untersagt. Die Regierung kündigte Stunden später den nun beschlossenen Gesetzentwurf an. Die Börsen weltweit gingen danach auf Talfahrt.

"Mit unserem Beschluss stärken wir die Bereitschaft in Europa, solche Dinge voranzubringen", sagte Schäuble. Gleichzeitig verringere sich der Widerstand gegen eine europäische Regelung. Diese Erfahrung habe die Bundesregierung auch mit der im März beschlossenen Bankenabgabe gemacht. Würden immer alle Bedenken gegen eine Regelung berücksichtigt, dann käme sie nie zustande, fügte Schäuble hinzu.

(DDP/csr)
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