Firmengeschichte Mannesmann-Vallourec - Ein Kapitel rheinischer Geschichte

Im Jahr 1899 begannen die Brüder Mannesmann mit der Herstellung von nahtlosen Stahlrohren in Düsseldorf - eine technische Pionierleistung. Seitdem wurde der Name Mannesmann national und international ein Inbegriff für leistungsfähige deutsche Technik und Industrie. Generationen von Menschen haben für dieses Unternehmen gearbeitet. 2005 hat der französische Stahlrohrkonzern Vallourec die Mannesmannröhren-Werke übernommen. Nun kommt es in NRW zu der Schließung seiner zwei Röhrenwerke. Eine Erfolgsgeschichte ohne Happy End.
Die Mannesmann-Ausstellung im Werkzeugmuseum zeigt Exponate und Bilder aus den Anfängen von Mannesmann.

Die Geschichte der Vallourec-Gruppe begann am Ende des 19. Jahrhunderts mit der Entwicklung des Verfahrens für das Walzen von nahtlosen Rohren durch die Brüder Reinhard (1856-1922) und Max Mannesmann (1857-1915) in Deutschland. 1885 wurde das Patent erteilt und das erste nahtlose Stahlrohr gewalzt.
Mannesmann Ausstellung im Werkzeugmuseum,Max Mannesmann

Der technische Durchbruch gelang den Brüdern aber erst in den 1890er Jahren mit der Erfindung des Pilgerschritt-Walzverfahrens und wurde weltweit als „Mannesmann-Verfahren" bekannt: Stahlblock wird in der Mitte erst gelocht und zu einem dickwandigen Hohlkörper. Dann wird der Hohlkörper durch Schrägwalzen zum fertigen Rohr ausgestreckt.
Das Untere Rheinwerft in Höhe des Rathauses, 1951. Hier wurden die Rohre von Mannesmann verladen.

1890 kommt es zum Zusammenschluss mehrerer Röhrenwerke der Remscheider Brüder Max und Reinhard Mannesmann unter dem Namen Deutsch-Österreichische Mannesmannröhren-Werke AG mit Sitz in Berlin.

1893 zog Verwaltung von Berlin nach Düsseldorf. Seit seiner Gründung produzierte Mannesmann an mehreren nationalen und internationalen Standorten und vertrieb seine Produkte weltweit.
Das Werk in Düsseldorf-Reisholz im Jahre 1902, damals noch auf grüner Wiese.
Die leistungsstärkste Schrägwalze der Welt im Pilgerwalzwerk Düsseldorf.
Noch im Gründungsjahr des Unternehmens wurde im Kaukasus mit Mannesmannrohren die weltweit erste Öldruckleitung verlegt. Die Erfolgsgeschichte nahm ihren Lauf: Es folgten Rohrlieferungen u. a. für Wasserversorgungsanlagen, Pipelines, Leitungsmasten und moderne Straßenbeleuchtungen auf der ganzen Welt.
In den 1890er Jahren baute Mannesmann in Düsseldorf-Rath neben einem neuen Nahtloswerk ein Schweißrohrwerk. Im Bild ein Blick in die Stopfenstraße 2008 der Firma Vallourec Mannesmann Tubes in Rath.
1906 Erwarb der Konzern die Saarbrücker Gußstahlwerke AG.Dazu kamen das Blechwalzwerk Grillo Funke mit eigener Stahlerzeugung sowie Kohlezechen, Erzgruben und Kalksteinbrüche.
1908 kam es zur Aufteilung der „Deutsch-Österreichischen Mannesmannröhren-Werke AG“ in die „Mannesmannröhren-Werke AG“.

1929 wurde das eigene Hüttenwerk in Duisburg-Huckingen (Bild) in Betrieb genommen.

Nach Kriegsende wurden die Mannesmannröhren-Werke auf Anordnung der Alliierten aufgelöst und 1952 in drei selbstständige Unternehmen aufgeteilt: Mannesmann AG, Consolidation Bergbau AG und Stahlindustrie und Maschinenbau AG. 1955 schlossen sie sich aber unter Führung der Mannesmann AG wieder zusammen. Das Bild zeigt die alte Halle der Mannesmann Röhrenwerke in Remscheid.

1969 wurde der Mannesmann-Steinkohlenbergbau in die Ruhrkohle AG eingebracht. 1970 kam es zu einer Arbeitsteilung mit Thyssen. Sie gab die Stahlherstellung und Blechverarbeitung an Thyssen ab, diese wiederum gab seine Rohrherstellung und Rohrverlegung an Mannesmann ab.
Im Jahr 1990 war Mannesmann ein groß aufgesteller Technologiekonzern, der international erfolgreich in den Geschäftsbereichen Maschinen- und Anlagenbau, Antriebs- und Steuerungstechnik, Elektrotechnik und Elektronik, Fahrzeugtechnik sowie aber auch immer noch in Produktion und Handel mit dem Ursprungsprodukt Stahlrohr tätig war.

Das neue Ausbildungszentrum von Vallourec in Rath im Jahr 2019.

Internationale Kooperationen: Ab 1990 betrieben Mannesmann und Krupp gemeinsam in Duisburg das frühere Mannesmann-Hüttenwerk Huckingen als „Hüttenwerke Krupp Mannesmann GmbH“. 1991 wurde mit mit dem französischen Unternehmen Usinor Sacilor für die Großrohrherstellung die Europipe GmbH gegründet, ab 1994 produzierten unter der Holding DMV Stainless BV die Edelstahlrohrwerke von Mannesmann, Dalmine/Italien.
Im Bild die Hüttenwerke Krupp Mannesmann GmbH mit neuem Gasometerstandort und Hochofen in Duisburg.

1997 ging Vallourec ein Joint Venture mit der Mannesmannröhren-Werke AG ein und es entstand Vallourec & Mannesmann Tubes, das 2005 hundertprozentige Tochter von Vallourec wurde.
Neue Geschäftsfelder: 1990 erwarb Mannesmann die Lizenz zum Aufbau und Betrieb des ersten privaten Mobilfunk D-Netzes in Deutschland und übernahm eine Pionierolle im Bereich der Telekommunikation. Mannesmann entwickelte sich innerhalb kürzester Zeit zum Marktführer im Bereich Mobilfunk in Deutschland.
Das Foto zeigt das Mannesmann-Hochhaus in Düsseldorf.

Jedoch kam es Ende 1999 zur Übernahme der Aktienmehrheit durch die britischeTelekommunikationsgesellschaft Vodafone für 190 Milliarden Euro, der bis heute teuersten Übernahme der Welt. 2001 fand dann die Umfirmierung in Vodafone statt. Der Mannesmann-Konzern wurde damit aufgelöst.
Der Behrensbau in Düsseldorf, einst die Zentrale von Mannesmann, wurde 1911 erbaut und beherbergt nach seiner Sanierung das Haus der Geschichte Nordrhein-Westfalen.
Neue Perspektiven im Jahr 2000: Die Salzgitter AG erwarb die Aktienmehrheit an der Mannesmannröhren-Werke AG und dadurch erlangte das Mannesmann-Traditionsprodukt Stahlrohr wieder an strategischer Bedeutung.
Ein Mitarbeiter reinigt im Stahlwerk der Salzgitter AG die Abstichrinne am Hochofen.

Es fand eine fortlaufende Entwicklung in der Röhrenproduktion als Teil des Salzgitter-Konzerns und die Mannesmann-Gesellschaften statt. Unter anderem wurde 2003 das Joint Venture DMV Stainless und 2004 die Röhrenwerk Fuchs GmbH vollständig übernommen.

Aufsehenerregendes Wirtschaftsverfahren: Von 2004 bis 2006 kam es zum Mannesmann-Prozess vor dem Landgericht in Düsseldorf. Im Mittelpunkt des Verfahrens waren Prämienzahlungen im Zusammenhang mit der feindlichen Übernahme von Mannesmann durch die Vodafone Group im Jahre 2000. Angeklagt waren Aufsichtsratsmitglieder wie Josef Ackermann und Klaus Zwickel (Untreue) und Klaus Esser (Beihilfe zur Untreue).
Der damalige Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank AG, Josef Ackermann, scherzt vor Prozessbeginn des Mannesmann-Prozess 2004 im Landgericht und macht ein Victory-Zeichen.
2006 wird das Verfahren gegen eine Geldauflage eingestellt.

2005 gibt Salzgitter ihre Beteiligung am Joint Venture Vallourec & Mannesmann Tubes an Vallourec ab.
Der französische Stahlrohrkonzern betreibt zwei Rohrwerke mit unterschiedlichen Herstellverfahren in Nordrhein Westfalen (Düsseldorf und Mülheim an der Ruhr) Das Düsseldorfer Werk im Stadtteil Rath bestand seit 1899, das Werk in Mülheim seit 1966.
Zu Ihrer technologischen Kernkompetenzen gehört die Herstellung nahtloser warmgewalzter Stahlrohre. 2400 Beschäftigte sind in den traditionsreichen Werken in Düsseldorf und Mülheim an der Ruhr beschäftigt.

Vallourec beliefert die Öl- und Gasindustrie, die Kraftwerkstechnik, die Petrochemie, den Maschinenbau und die Automobilindustrie mit Premiumlösungen für Rohranwendungen.

Weitere Entwicklungen folgten im Öl- und Gasbereich, stärkere Präsenz in China sowie im Mittleren Osten und investierte in die Rohrherstellung für Kernkraftwerke.

2008 wird das Mannesmann Hochhaus in Düsseldorf an das Land NRW verkauft.
2013 entstand an der Theodorstraße die neue Firmenzentrale von Vallourec & Mannesmann. In dem Komplex an der Theodorstraße entstehen Büros für 450 Mitarbeiter und ein Forschungszentrum.
Erste Schließungen in NRW: Das Walzwerk in Düsseldorf-Reisholz mit zuletzt ca. 300 Arbeitnehmern wurde nach 121 Jahren Betriebsdauer im Juni 2020 stillgelegt - das hatte der Aufsichtsrat des Unternehmens so beschlossen.

Es kommt zu zahlreichen Protesten. Vor der Rednerbühne steht ein schwarzer Sarg, darauf steht: „Reisholz 1899–2020“.

Nach zwei Jahren, dann der nächste traurige Tag für Stahl und Düsseldorf. Vallourec hat am Mittwoch angekündigt, seine beiden Werke in Düsseldorf-Rath sowie Mülheim an der Ruhr zu schließen. 2400 Beschäftigte werden ihre Arbeit verlieren. Die Produktion soll noch bis Ende 2023 weiterlaufen.
Alle weiteren Infos zur Schließung der Werke in Düsseldorf und Mülheim finden Sie hier.

Einige Projekte des Unternehmens: Für das Soccer City Johannesburg wurden mit 1.000 Tonnen nahtlos warmgewalzter Hohlprofile eine stützenfreie Konstruktion des Daches ermöglicht.

Bei landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen kommen die Vallourecs Premiumröhre zum Einsatz.
Auch das Wembley-Stadion wurde mit Materialien von Vallourec gebaut.

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