Tourismus So bringt Omikron das Comeback der Reisebranche ins Schleudern

New York · Die Corona-Pandemie hat die internationale Tourismusbranche hart getroffen. Lange abgeschottete Länder wie Australien oder Israel wollten sich gerade erst wieder vorsichtig öffnen. Dann kam Omikron. Und nun?

 Ein Passagier mit Mund-Nasen-Bedeckung fotografiert seinen Reisepass in einem fast leeren Terminal des Flughafens Barcelona.

Ein Passagier mit Mund-Nasen-Bedeckung fotografiert seinen Reisepass in einem fast leeren Terminal des Flughafens Barcelona.

Foto: dpa/Joan Mateu Parra

Nach fast zwei Jahren schien es endlich wieder bergauf zu gehen für gebeutelte Unternehmen in der Tourismusbranche - und nun wirft ihnen Omikron wieder Knüppel zwischen die Beine. Zahlreiche Länder bauen wieder Reisebarrieren auf, um die neue Virusvariante von ihren Grenzen fernzuhalten. Von Geschäftsinhabern in japanischen Einkaufszentren über Reiseführer im Heiligen Land und Skiliftbetreiber in den Alpen bis hin zu Fluggesellschaften rund um die Welt: Es kommt wieder neue Sorge auf. Und die Leute, die froh waren, endlich wieder reisen zu können, werden in den Corona-Modus zurückgeworfen, müssen sich über neue Vorschriften informieren und ihre Pläne verschieben.

Abby Moore, eine Universitätsprofessorin im US-Staat North Carolina, hatte für Mitte dieser Woche einen Flug nach Prag gebucht. Aber am Tag vor der geplanten Abreise erfuhr sie, dass die Stadt ihre Weihnachtsmärkte geschlossen und Ausgangsbeschränkungen für die Einwohner verfügt hatte. „Ich hatte mir wirklich keine Sorgen über meine Reise gemacht, bis die Tschechische Republik mit dem begann, was wie ein Art Mini-Lockdown aussieht“, sagt Moore, die nun auf März umgebucht hat.

Die Regierung in Washington hat erst vor weniger als einem Monat ihre Beschränkungen für US-Reisen deutlich gelockert - und nun gibt es neue Einreiseverbote für die meisten Ausländer, die sich kürzlich in einem von acht Staaten im Süden Afrikas aufgehalten haben. Es ist zwar nicht klar, wo genau Omikron seinen Ursprung hat, aber es waren südafrikanische Wissenschaftler, die ihn ihrem eigenen Land entdeckten und Alarm schlugen. Als Folge haben viele Länder Beschränkungen für Reisen aus dem südlichen Großraum des Kontinents verfügt, so auch die EU.

Bislang ist wenig bekannt über Omikron, etwa, ob vorhandene Impfstoffe gegen diese Variante wirken. Aber viele Regierungen haben nur langsam auf die erste Covid-19-Welle reagiert und sind jetzt bemüht, frühere Fehler nicht zu wiederholen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO sagt indes, dass Reisebeschränkungen nur einen begrenzten Wert hätten, aber „Leben und Lebensunterhalte schwer belasten“ würden. UN-Generalsekretär António Guterres sprach am Mittwoch von „Reise-Apartheid“. Andere Experten meinen, dass solche Restriktionen Virusvarianten nicht fernhalten würden, aber Ländern mehr Zeit geben könnten, ihre Einwohner zu impfen.

Die in London ansässige Fluggesellschaft easyJet spricht bereits von Auswirkungen der Restriktionen auf Winterbuchungen, aber der Schaden sei noch nicht so groß wie bei vorausgegangenen Covid-Wellen. SAS Scandinavia Airlines hat nach eigenen Angaben bislang einen Aufschwung bei den Winterbuchungen verzeichnet, aber man müsse jetzt „herausfinden, was die neue Variante bedeuten könnte“.

„Im vergangen Jahr hat jede neue Variante einen Rückgang bei den Buchungen gebracht, aber dann eine Zunahme, wenn die Welle abebbt“, sagt Analystin Helane Becker von der Finanzdienstleistungsfirma Cowen. Man erwarte auch diesmal „dasselbe Muster“.

Israel hat seine Grenzen wegen Omikron für ausländische Besucher geschlossen, was die Reiseindustrie just zu Chanukka und im Vorfeld der Weihnachtsfeiertage trifft. Das Land hatte erst im November wieder für Touristen geöffnet, nach einer Verbannung der meisten ausländischen Besucher seit Frühjahr vergangenen Jahres. Laut Regierungsstatistiken kamen in der ersten Novemberhälfte gut 30.000 Touristen nach Israel, verglichen mit 421.000 im November 2019.

Joel Haber ist ein Fremdenführer in Jerusalem, sein Kalender normalerweise während der Chanukka-Feiertage proppenvoll mit Touren durch den bunten Mahane-Yehuda-Markt mit seinen vielfältigen kulinarischen Angeboten. Diesmal hat er nur eine Tour am Tag. „Fremdenführer wie ich sind die ersten, die getroffen werden, und die letzten, die sich erholen“, klagt Haber.

In Bethlehem im Westjordanland, im christlichen Glauben als Geburtsstätte Jesu verehrt, hatten örtliche Unternehmen einen Aufschwung durch den Weihnachtstourismus erwartet. Das Bethlehem Hotel, eines der größten in der Stadt, musste sich in den vergangenen 18 Monaten mit einem Bruchteil seiner üblichen Gästezahlen begnügen. „Jeder, der für die nächsten zwei Wochen gebucht hatte, hat abgesagt, während andere abwarten, was als Nächstes passiert“, sagt Hotelmanager Michael Mufdi. „Ich weiß nicht, wie lange wir weiter durchhalten können, aber wir tun unser Bestes.“

In Japan hat die Pandemie bereits die Zahl ausländischer Touristen von 32 Millionen im Jahr 2019 auf vier Millionen 2020 geschrumpft, ein Trend, der sich auch dieses Jahr fortgesetzt hat. Seit Mittwoch sind wegen Omikron wieder verschärfte Einreisebeschränkungen in Kraft, Airlines wurden angewiesen, neue Buchungen für alle Flüge ins Land bis Ende Dezember zu stoppen. Bisherige Restriktionen waren erst vor drei Wochen gelockert worden, der ständige Strom von Bussen mit chinesischen Besuchern, die in Tokios mondänem Bezirk Ganza Luxusartikel einkaufen, ist seit Langem abgerissen.

In Europas Skigebieten fragen sich Unternehmen, wie man das Einhalten von Vorschriften wie 2G plus - also den Nachweis von Impfungen oder einer überstandenen Covid-Erkrankung plus negativen Tests - sicherstellen soll. An den Liften fehle dafür das Personal, sagt Matthias Stauch, Chef der deutschen Vereinigung von Skiliftbetreibern VDS. Der Verband warnt zugleich vor massiven Schäden für die Tourismusbranche, sollte es einen neuen Lockdown geben.

Javier Barragan und sein Ehemann haben vor einem Monat eine Reise von New York nach Paris gebucht. Sie halten daran fest, fühlen sich sicherer, weil Frankreich einen Impfnachweis bei der Einreise verlangt und sie selbst je drei Impfdosen erhalten haben. Aber sie haben eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen - für den Fall der Fälle.

(peng/dpa)
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