Uniklinik Düsseldorf Lebensrettung per 5G-Funkchip

Düsseldorf · Vodafone und die Uniklinik Düsseldorf vernetzen die Krankenhaus-Stationen mit der neuen Mobilfunk-Technik. Das soll Patienten etwa mit Corona oder Schlaganfall helfen. Denn oft kommt es auf Sekunden an.

 Uniklinik Düsseldorf soll zur 5G-Klinik werden.

Uniklinik Düsseldorf soll zur 5G-Klinik werden.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Der Lebensretter wiegt 13 Gramm. Er soll Kranken auf die Brust geklebt werden. „Das gute alte Pflaster wird zum digitalen Beschützer am Krankenbett“, so Hannes Ametsreiter, Chef von Vodafone Deutschland. Das Mini-Gerät überträgt Herzfrequenz, Körpertemperatur und andere Daten mit der neuen Mobilfunktechnik 5G quasi ohne Verzögerung. „Das erleichtert das Monitoring der lebenswichtigen Funktionen von Kranken in allen Bereichen, von der Notaufnahme bis zu den Stationen“, sagt Frank Schneider, Vorstandschef und Ärztlicher Direktor des Uniklinikums Düsseldorf. „Statt sie mit Kabeln direkt am Bett zu kontrollieren, was nur auf Intensivstationen üblich ist, können wir Patienten künftig viel einfacher überwachen.“ Er ergänzt: „Auch bei Corona-Patienten kann das Leben retten. Wir würden unmittelbar erfahren, wenn es einem Patienten schlechter geht, und viel schneller eingreifen können.“

Das Projekt mit den Mini-Funksendern ist Teil einer ungewöhnlichen Kooperation zwischen der Uniklinik Düsseldorf mit Vodafone Deutschland und weiteren sieben Partnern, vornehmlich aus NRW. Sie vernetzen ab Anfang 2021 große Teile der Uniklinik mit dem neuen Mobilfunkstandard 5G. „Wir bauen ein eigenes Campusnetz, um neue digitale Services in der Medizin zu ermöglichen. 5G ist sehr viel schneller als LTE und UMTS. Und 5G übertragt Daten sicherer als WLAN“, so Ametsreiter. „Wir hier in Düsseldorf werden so das erste 5G-Uniklinikum Europas aufbauen“, sagt Schneider. Er sieht sein Projekt auch global an der Spitze, wobei es in Südkorea und Philadelphia, USA ähnliche, aber kleinere Vorhaben gibt. „Unser Ziel ist es, das gesamte Aufgabenspektrum einer Uniklinik in Forschung, Lehre und Krankenversorgung abzubilden“, so Schneider. Ametsreiter sagt: „Wir wollen mit 5G Leben retten. Das neue Echtzeit-Netz wird viele Branchen verändern. Mit individuellen Campusnetzen revolutionieren wir ganze Fabrikhallen, können aber auch das Gesundheitswesen verbessern.“

Rund 13 Millionen Euro wird das Projekt kosten, etwas mehr als zehn Millionen gibt die Landesregierung dazu. Kein anderes 5G-Projekt in NRW wird stärker gefördert. Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) sagt: „Der Mobilfunk der fünften Generation löst einen Innovationsschub aus. Ein herausragendes Beispiel ist das Gesundheitsprojekt Giga for Health, mit dem wir an der Universitätsklinik Düsseldorf den europaweit ersten Medizincampus für innovative 5G-Anwendungen realisieren.“

Eine Reihe an Anwendungen soll erprobt werden. So testet das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine App mit 5G, um problematische Medizinprodukte melden zu können. Patienten mit Herzschwäche sollen außerhalb des Krankenhauses engmaschig hinsichtlich der Leistungsfähigkeit ihres Herzens überwacht werden. Auch wird geprüft, ob 5G-Frequenzen, so wie angenommen, tatsächlich medizinische High-Tech-Geräte nicht stören.

In der Gehirnchirurgie sollen Operateure während des Eingriffes mit einer 3D-Brille im Raum Patientendaten in Echtzeit ablesen können. Sie sehen während der Operation Bilder zu den Gehirnstrukturen, um präziser arbeiten zu können. Außerdem sollen mit dem 5G-Netz und dazu gehörenden Hochleistungsrechnern Patienten schon vor der Operation sehen können, wie diese ablaufen wird. „Durch den Einsatz von 5G werden wir die Patientenversorgung in unserer Region revolutionieren“, so Schneider.

Wenn Patienten mit Herzinfarkt oder Herzanfällen eingeliefert werden, soll 5G helfen, die Daten in Sekunden zu erfassen und bis zu 40 Partner-Kliniken und Arztpraxen in der Region zu unterstützen. „Davon werden viele Menschen in einer lebensbedrohenden Situation profitieren“, sagt Schneider. Auch das Netzwerk zur Behandlung von Schlaganfällen soll mit der neuen Funktechnik einen Sprung nach vorne machen. „Beim Schlaganfall geht es um jede Sekunde. Vor Ort am Niederrhein oder in einem Düsseldorfer Vorort wird ein Computertomogramm gemacht. Es wird in Echtzeit an unser Schlaganfallzentrum geschickt, wo unsere Spezialisten direkt die notwendige Diagnostik einleiten.“ Schneider rechnet vor: „Wenn wir 15 Minuten schneller die Behandlung einleiten, kann dies vier Prozent der Patienten das Überleben sichern und bei drei Prozent die Folgeschäden deutlich senken.“

Die 5G-Technik soll auch helfen, Medizinstudenten besser zu trainieren. So erhalten sie im Anatomiesaal mit 3D-Brillen alle notwendigen Informationen zeitgleich.

Basis des Projektes ist, dass Vodafone Teile des Klinikums mit winzigen 5G-Antennen – nicht größer als Rauchmelder – sowie kleinen Hochleistungsrechnern versorgt, die die Daten verarbeiten. Ametsreiter: „Im vergangenen Jahr haben wir den Einsatz solcher Campusnetze mit zahlreichen Industriepartnern erprobt.“ Darunter sind Projekte mit Airbus oder Lufthansa Technik.

Weil gleichzeitig Vodafones öffentliches 5G-Netz rund um Düsseldorf stark ausgebaut wird, könnten von Krankenwagen und Arztpraxen Daten eingespeist werden. „Wir verbinden das lokale Campusnetz mit unserer übergreifenden Netz-Infrastruktur“, sagt Ametsreiter. „Damit Deutschland bei der Digitalisierung auch in der Zukunft einen Spitzenplatz belegt, ist es wichtig, dass Unternehmen und Politik an einem Strang ziehen.“

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