Uni-Rektorin Gather tritt Nachfolge von Beitz an Überraschung aus Dortmund

Essen · Als Chefin der Technischen Universität Dortmund war Ursula Gather öffentlich kaum bekannt. Das wird sich ändern. Die Mathematikerin tritt als Vorsitzende der Krupp-Stiftung die Nachfolge des verstorbenen Berthold Beitz an.

 Ursula Gather wird künftig die Krupp-Stiftung führen.

Ursula Gather wird künftig die Krupp-Stiftung führen.

Foto: dpa, Lutz Kampert, TU Dortmund

Vier Wochen und einen Tag nach dem Tod von Berthold Beitz regelt die Krupp-Stiftung die Nachfolge: Ursula Gather (60), Rektorin der Technischen Universität Dortmund, soll ab 1. Oktober das Kuratorium der Stiftung führen. Die in Mönchengladbach geborene Mathematikerin gehört dem obersten Stiftungsorgan bereits an — allerdings erst seit Dezember 2011. Sie wurde zeitgleich mit NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) in das Kuratorium gewählt.

Für die meisten ein Überraschung

Als Nachfolgerin von Berthold Beitz hat die vielfach ausgezeichnete Wissenschaftlerin nun die Aufgabe, schnelle Antworten auf zwei schwierige Fragen zu finden. Erstens: ThyssenKrupp erlebt gerade die schwerste Krise seiner Geschichte. Der Konzern ist hoch verschuldet, braucht frisches Geld und muss wohl schon bald um neue Investoren buhlen. Wie kann Ursula Gather den bislang maßgebenden Einfluss der Stiftung auf den Konzern trotzdem sichern? Zweitens: Weil es dem Konzern so schlecht geht, hat er zuletzt keine Dividende gezahlt. Auch in den nächsten Jahren dürfte er allenfalls dünne Gewinne ausschütten. Die ThyssenKrupp-Ausschüttungen sind aber die wichtigste Geld quelle der Krupp-Stiftung. Wie kann Ursula Gather trotzdem den Auftrag der Stiftung erfüllen, die laut Satzung "unmittelbar gemeinnützigen Zwecken" dienen soll?

Für die meisten Beobachter ist die Ernennung Gathers eine Überraschung — öffentlich wurde bislang fast ausschließlich über andere Namen spekuliert. Dabei gehörte Gather schon lange zu den engeren Vertrauten von Berthold Beitz. Ein Jahr nach ihrer Berufung an die Universität Dortmund erhielt sie 1987 den renommierten und damals mit 850 000 D-Mark dotierten Alfried- Krupp-von-Bohlen-und-Halbach-Förderpreis für junge Hochschullehrer. Beitz selbst überreichte ihr damals die Urkunde. In einem Nachruf auf Beitz schrieb Gather am 8. August in der "Zeit": "Seitdem begegneten wir uns bei vielen Anlässen (. . .). Berthold Beitz war ein weiser Mentor. Seine Botschaften waren einfach und einprägsam". Als eine dieser Botschaften, die sie von Beitz erhielt, zitierte Gather: "Lassen Sie sich nie unter Druck setzen."

Nicht ganz so mächtig wie Beitz

Trotz der eiligen Glückwünsche, die am Mittwoch von allen Seiten — unter anderem von ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger ("eine starke Frau") — an die zweifache Mutter herangetragen wurden: Bei genauem Hinsehen hat das Kuratorium sie nur mit Einschränkungen zur Nachfolgerin von Berthold Beitz gemacht. Während ihr Mentor noch Chef des Kuratoriums und des weniger wichtigen Vorstandes der Krupp-Stiftung war, wird Ursula Gather selbst jetzt "nur" Chefin des Kuratoriums. Und das auch nicht als "geschäftsführendes Kuratoriumsmitglied", wie Beitz es war, sondern nur als "Vorsitzende" des Kuratoriums.

In der streng geheimen Satzung der Stiftung, die unserer Redaktion vorliegt, ist der Unterschied genau definiert: Als "geschäftsführendes Mitglied" hätte das Kuratorium Gather nur mit Zweidrittel-Mehrheit überstimmen können. Als "Vorsitzende" kann sie auch mit einfacher Mehrheit überstimmt werden. Außerdem ist sie als "Vorsitzende" nur für drei Jahre gewählt — als "geschäftsführendes Kuratoriumsmitglied" hätte sie auch für bis zu zwölf Jahre berufen werden können.

(RP)
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