Zahl gefälschter Arzneimittel steigt drastisch Über zehn Millionen Tabletten beschlagnahmt

Berlin (RPO). Die Zahl gefälschter Medikamente in Deutschland steigt drastisch: 2010 stellte der Zoll mehr als zehn Millionen Tabletten sicher - etwa doppelt so viel wie im Jahr zuvor, wie der Sprecher des Zollkriminalamtes (ZKA), Wolfgang Schmitz, am Mittwoch in Berlin sagte.

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Foto: dpa-tmn/Christin Klose

Bei etwa 70 Prozent handele es sich um sogenannte Lifestyle-Produkte - Potenz- und Schlankheitsmittel. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation erreicht das Geschäft mit gefälschten Arzneimitteln weltweit pro Jahr einen Umfang von 75 Milliarden Dollar. Etwa die Hälfte der im Internet vertriebenen Arzneimittel seien vermutlich Fälschungen.

Zusätzlich zu den gefälschten Tabletten wurden im vergangenen Jahr 14,4 Millionen Ampullen Anabolika sichergestellt. 2010 sei im ländlichen Raum in Deutschland eine illegale Arzneimittel-Produktionsstätte ausgehoben worden, sagte Schmitz. Deshalb sei die Zahl der beschlagnahmten Produkte besonders in die Höhe gestiegen. Für 2011 werde bei den Tabletten wieder mit einer Zahl zwischen fünf und sechs Millionen gerechnet.

"Die Gewinnchancen sind nirgends höher als beim Handel mit gefälschten Arzneimitteln", sagte der Zollfahnder. Er verwies auf das Verfahren "Männerapotheke", das seit 2008 bei der Staatsanwaltschaft Potsdam angesiedelt sei. Nach diesen Ermittlungen sei binnen drei Jahren ein Umsatz zwischen 25 und 30 Millionen Euro erwirtschaftet worden. Man gehe von einem Profit von 700 Prozent aus. Die Täter kämen oft aus der Organisierten Kriminalität.

Finger weg von dubiosen Angeboten

Auch dem Zoll sei klar, dass die Dunkelziffer hoch sei. "Unsere Frage lautet immer: Was haben wir nicht gefunden?", sagte Schmitz. Deshalb werde auf Prävention gesetzt. Der Markt mit gefälschten Arzneimitteln könne nur funktionieren, weil es den Bedarf gebe. "Wenn die Abnehmer bereit sind, illegal Medikamente zu kaufen, weil sie vielleicht etwas billiger sind, sieht die organisierte Kriminalität ihre Chancen." Die Verbraucher rief er deshalb auf, die Finger von dubiosen Angeboten zu lassen.

Die gefälschten Produkte kommen den Angaben zufolge aus Asien, der Ukraine, der Türkei, aber auch aus dem EU-Ausland. Neben Potenzmitteln und Appetitzüglern werden illegal auch Blutdrucksenker, Herzmittel, Impfstoffe, Antibiotika oder Krebsmedikamente vertrieben. Für die Verbraucher kann der Konsum solcher Mittel gesundheitliche Schäden nach sich ziehen: Sie sind oft falsch dosiert, enthalten keinen oder den falschen Wirkstoff, sind womöglich unter unhygienischen Bedingungen hergestellt worden.

Martin Fensch, Sprecher des Pharmakonzerns Pfizer, erklärte, für den Verbraucher sei der Unterschied zwischen einem echten und einem gefälschten Präparat nur schwer zu erkennen. Er empfahl, Medikamente über die Apotheke zu beziehen, dies sei ein sicherer Weg. Natürlich gebe es auch seriöse Versandapotheken. Absolute Vorsicht sei angezeigt, wenn für ein rezeptpflichtiges Mittel kein Rezept verlangt werde.

Pfizer ist wegen des von ihm entwickelten Mittels Viagra besonders von Arzneimittelfälschung betroffen. Von im Jahr 2010 weltweit beschlagnahmten 8,4 Millionen gefälschten Pfizer-Tabletten handelte es sich nach Unternehmensangaben in fünf Millionen Fällen um das Potenzmittel.

(apd/felt)
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