Trendwende im Eiltempo Tui-Aktionäre feiern Fritz Joussen

Hannover · Vor zehn Monaten wechselte der Duisburger vom Vodafone-Chefsessel an die Spitze von Europas größtem Reiseveranstalter. Und schon heute geht es Tui so gut wie schon seit sechs Jahren nicht mehr.

 Tui-Chef Fritz Joussen hat den Reisekonzern binnen eines Jahres auf Erfolg getrimmt.

Tui-Chef Fritz Joussen hat den Reisekonzern binnen eines Jahres auf Erfolg getrimmt.

Foto: dpa, Jochen Lübke

Als Friedrich "Fritz" Joussen vor zehn Monaten Tui-Chef wurde, war Europas größter Reiseveranstalter zwei Milliarden Euro wert. Seither ist der Börsenwert um eine satte Milliarde Euro gestiegen.

Am Mittwoch lieferte der gebürtige Duisburger den Anlegern einen weiteren Grund für Vertrauen: Im Geschäftsjahr 2012/13 hat Tui wieder schwarze Zahlen geschrieben — unter dem Strich steht ein Überschuss von 4,3 Millionen Euro.

Damit schafft der ehemalige Deutschland-Chef von Vodafone die Trendwende bei Tui überraschend schnell — die meisten Analysten hatten nach einem Verlust von 15 Millionen Euro im Vorjahr mit einem erneuten Minus gerechnet.

Die Aktionären lockt nun eine Dividende

Wie Joussen schon am Vortag mitgeteilt hatte, sollen die Aktionäre erstmals nach sechs Jahren wieder eine Dividende erhalten. Offensichtlich hat Tui mit der Berufung Joussens einen guten Griff getan. Was ist sein Erfolgsrezept?

Der 50-Jährige krempelt den von seinem Vorgänger Michael Frenzel etwas unorganisiert hinterlassenen Konzern konsequent um und rüstet ihn für den Kampf mit der Internet-Konkurrenz. "Klare Marken mit trennscharfen Profilen", fasste er seinen Ansatz unlängst im Gespräch mit unserer Redaktion zusammen, "der Konzern hat weit über 200 Marken, mindestens die Hälfte davon ist entbehrlich."

Bei den Hotelmarken gelten nur die Riu- und die Robinson-Kette als sicher. Marken wie Grupotel, Iberotel und Grecotel stehen auf dem Prüfstand. Bis in die Bilanzen einzelner Anlagen prüft Joussen den Bestand der konzerneigenen Häuser durch. Gleich sieben Hotels müssen derzeit erklären, wie sie künftig ihre Kapitalkosten verdienen wollen. Geschärft wird auch das Profil der Tui-Reisebüros: Sie sollen künftig keine Reisen der Konkurrenz mehr verkaufen.

Alte Zöpfe sind abgeschnitten

Weniger Komplexität braucht weniger Management. Überraschend geräuschlos organisiert Joussen gerade den Personalabbau in der Hannoveraner Konzernzentrale und schneidet dabei auch alte Zöpfe ab. Den Luxus-Firmenflieger zum Beispiel, in dem sein Vorgänger sich gerne samt Ehefrau befördern ließ, hat Joussen als erstes verkauft. Dann kündigte er einen großen Teil der zahllosen Sponsorenverträge, die ähnlich unübersichtlich wie die Markenlandschaft von Tui waren. Allerdings tragen die meisten dieser Maßnahmen noch keine Früchte. Bisher profitiert davon nur der Aktienkurs, weil sie das Vertrauen in die Zukunft des Konzerns stärken.

Die aktuelle Jahresbilanz verdankt Joussen hingegen glücklichen Umständen: Deutsche und Briten waren im Sommer sehr reiselustig und haben die Gewinne der britischen Konzerntochter Tui Travel getrieben, in der Tui sein klassisches Reisegeschäft gebündelt hat, und die 95 Prozent zum Konzernergebnis beiträgt. Die sechs Fluggesellschaften von Tui Travel, darunter Tuifly, konnten ihre 148 Flugzeuge zum Beispiel zu fast 94 Prozent auslasten — ein kleines Wunder.

Die größten Aufgaben kommen noch

Trotz aller Fortune hat Joussen die beiden größten Brocken noch vor sich. Er muss die teure Doppel-Struktur von Tui AG und Tui Travel auflösen und die britische Tochter zurückkaufen, die Frenzel 2007 ausgründete, und an der Tui seither nur noch 54 Prozent hält. Bislang hatte die AG dafür nicht genug Geld. Auch die 22-Prozent-Beteiligung an der Container-Reederei Hapag-Lloyd belastet den Konzern. Das Unternehmen schreibt wegen Überkapazitäten der Branche herbe Verluste.

(RP)
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